Hallo Mitwelt!
Heute kehre ich erneut nach Japan zurück. Eigentlich ohne spezifischen Anlass, nur weil ich eine nächste altgediente Hausarbeit digital aufpoliere und als zweite ihrer Art online stellen möchte.
Und doch gibt es nun so etwas wie einen Anlass, der zum Thema der digitalisierten Hausarbeit tendenziell passt. Ein Beitrag bei DLF-Eine Welt:Tod in Abschiebehaft: Japans ridiger Umgang mit Migranten – auch als MP3. Zum Thema wird es, wenn man es als protestwürdig ansieht, dass bei einer 99%igen Abschiebequote die arbeitswilligen Migranten menschenunwürdig in den Asylzentren be-, wenn nicht gar misshandelt werden und wie im vorliegenden Fall sogar an Unterernährung sterben. Etwas, worüber nur zu gerne, (nicht nur) kulturspezifisch geschwiegen wird. Etwas, was nur durch digitale Videos, auf Onlineplattformen verbreitet, vom – dem namen nach – ausländischen Reporter publik gemacht und so dem Schweigen entrissen wird. All das, nachdem sich Japan als so zuvorkommend ausländerfreundlich während der para-/olympischen Spiele inszeniert hat. Offensichtlich jedoch leider nur gegenüber „Ausländern auf Zeit“, im Grunde also bloß gegenüber Touristen, die kommen, um wieder zu gehen. Nicht / weniger aber gegenüber einwanderungswilligen Migranten, die wie im Beispiel sogar längst die Sprache erlernt hatten. Ob sich dagegen, gegen das vertuschende, totschweigende Verhalten allerdings Protest formieren wird?
Heute vorgelegte Hausarbeit ist die finale von vieren, die ich über Japan als Gesellschaft geschrieben habe. Folgend die Titel des Quartetts, wovon Nummer eins als Jugendsünde bei einem geldversprechenden Anbieter gelandet ist und es daher nicht hier ins Blog schaffen kann.
- Ist Japan eine moderne Gesellschaft? Modernisierungen in Japan und ihre sozialen Auswirkungen
- Ist Japan eine individualisierte Gesellschaft? Individualisierungsprozesse und Individualität in Japan
- Geschlechterverhältnisse in Beruf und Bildung – zum Status der Individualisierungsprozesse im Lebenszusammenhang japanischer Frauen
- Protest und seine Formen in Japan – eine diachrone Betrachtung seiner Genese und Analyse der sozialen Bedingungen
Das Trio zwei bis vier schrieb ich hingegen quasi am Stück, hintereinander weg, bis der Schädel qualmte und ich nur noch hierzu denken konnte. Dies ist – in vielem – die ultraverdichtete Schreibe, die sich am Ende eines solchen Marathons einstellt. Dazu in der Nachbemerkung mehr. Nun mit großem Lektüremut ans Werk!
Protest und seine Formen in Japan – eine diachrone Betrachtung seiner Genese und Analyse der sozialen Bedingungen
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung (Seite 1)
- 2. Das Instrumentarium der Analyse (Seite 3)
- 3. Japans Kurs gen Wohlstand – Nachkriegs- und Prosperitätszeit bis 1990 (Seite 7)
- 4. Ökonomischer Abschwung – Protest in stagnierenden Verhältnissen (Seite 11)
- 5. Protestualer Wandel? Der diachrone Blick (Seite 15)
- 6. Fazit (Seite 19)
- 7. Literaturverzeichnis (Seite 21)
- 8. Nachbemerkung
1. Einleitung
Für die soziologische Analyse wird in Kap. 2 – in auf
Relevantes beschränkter Kürze – das Instrumentarium zur Fallbearbeitung
geschärft: Neben der Ressourcenmobilisierungstheorie (Zald/McCarthy), um
konkrete Formen und Typen von Protestorganisation, Protestakteuren und deren Handlungsmöglichkeiten zu erfassen, treten zur Bestimmung sozialer Deutungen und Protestbedingungen das (Master) Framing und die Gelegenheitsstrukturen; sprich, es geht um
personale Push- wie um kontextuale Pullfaktoren sozial wirksamen Protestes.
Grundlage hierfür ist Thomas Kerns Kursband „Modernisierung und Protest“ mit
‚langem Kap. 5‘, aus dem primär inhaltlich geschöpft wird. Sodann wird entlang
der 2. und 3. Modernisierungsphase Japans (Holdgrün/Vogt 2013: S. 15-18)
beobachtet: Phase 2 setzt nach dem verlorenen Pazifischen Krieg ein, wo sich
Japan vom besiegten Feindstaat unter US-Administration dank ‚erblühender
Prosperität‘ ab den 1950er Jahren 1968 zur zweitgrößten Volkswirtschaft der
Welt hinter den USA entwickelte, mittels Fahrstuhleffekt die Bürger in einer
homogen gedachten Mittelschichtgesellschaft Konsum und Komfort für sich
entdeckten, aber auch die ersten (Neben-)Folgen der ersten industriellen
Modernisierung wahrnahmen. Beispielhaft sollen hier die im „Betrieb als
Vergesellschaftungskern“ (Bude et al. 2012: S. 3) fußenden Gewerkschaften als
Träger insb. in der „Frühlingsoffensive“ zunehmend ritualisierten Protests
ebenso in den Blick genommen werden wie „professionelle Hausfrauen“
(sengyóshufu) und „Erziehungsmamas“ (kyóiku mama), die „[s]olidarisches Handeln
lokaler Initiativgruppen“ (Franz 1977) in Nachbarschaftsvereinigungen
(jichikai) hervorbrachten und von diesem Fundament auch u.a. ökologische
Bürgerinitiativen anstießen. In Kap. 4 wird Phase 3 ab der geplatzten Bubble
Economy 1990 bis heute fokussiert, die durch Entsicherung auf dem Arbeitsmarkt
ausgeprägte Sozialfolgen bis in die Familien zeitigte. Protest ist seiner Art,
Orientierung und Ausprägung nach als Folge einer „‘Restrisikogesellschaft‘ im Aufbruch“ (Schmidt 2013) – dennoch mehr evolutionär als revolutionär – in „vor und nach ‘Fukushima‘“ (Gengenbach/Trunk 2012) einzuteilen, dem hier Rechnung getragen wird. Kap. 3 und 4 fragen nach den Formen der Ressourcen zur Mobilisierung
als Pushfaktoren, Kap. 5 blickt übergreifend und fragt nach dem pullfaktoriellen
Master Frames und den kulturellen Gelegenheitsstrukturen dieses bis heute 71
Jahre langen Zeitraums, um protestualen Wandel tiefergehend – den Begrenzungen
einer etischbleibenden Perspektive unterworfen – zu erfassen. Das Fazit (Kap.
6) schließt mit dem Resümee des zuvor Behandelten und ordnet die Erkenntnisse noch einmal ein.
2. Das Instrumentarium der Analyse
Soziale Bewegungen[1] konstituieren sich durch „netzwerkförmige Organisationsform“, „kollektive Identität und Wertebasis der Mitglieder“, öffentlichen, kollektiven, medial
inszenierten Protest[2], den „sie mangels anderer Möglichkeiten der Einflussnahme“ nicht-exklusiv zur Selbstdarstellung ausüben, sowie „relative Dauerhaftigkeit der
Protestkampagnen“. Zu unterscheiden sind sie von spontanen sozialen Phänomenen
wie Hungerstreiks und wegen stärkerer Verhaftung in der Lebenswelt von
Institutionen wie bürgerferneren Parteien und Verbänden (Rucht n. Herriger
o.A.: S. 2f.). In steter Bewegung sind sie vielmehr als „‘weicher‘ Gegenstand
mit fließenden Grenzen sowohl zur Seite der kollektiven Episode und nicht
zuletzt auch zu den historischen Vorläufern vormoderner Bewegungen“ anzusehen (Raschke
n. Christophersen 2006b: S. 6). Die Fähigkeit zur Mobilisierung und die
Artikulation von Protest als öffentlich wahrnehmbarer, empirisch messbarer
Ausdruck des oppositionellen, gesellschaftlichen Umweltbezugs macht sie stets
zu sozialen Protestbewegungen (ebd.: S. 9)[3].
Zeitlich sind sie in „klassische“ emanzipatorische Bürger- und hierarchisierte
Arbeiterbewegungen, für die soziale Verteilungsfragen zentral waren, sowie nach
dem Zweiten Weltkrieg zunehmend Neue Soziale Bewegungen einzuteilen (Kern 2010:
S. 44, Tab. 1). Für diese „bunt zusammengewürfelte[n] Peripherie“ der
Gesellschaft waren „Fragen der Grammatik von Lebensformen“ (Lebensqualität,
Gleichberechtigung, Selbstverwirklichung, Partizipation, Menschenrechte)
wesentlich, da sie den „selbstdestruktiven Folgen des Komplexitätswachstums“ in
der Moderne stärker ausgesetzt waren (Habermas n. ebd.: S. 46) [4]. Eine in den
1960er Jahren entstandene Bewegungsforschung nahm diese Neuen Bewegungen
zunehmend als rational handelnde, Ziele gezielt verfolgende Kollektive wahr,
dass sich die Fragen nach deren Zustandekommen und Handlungsmöglichkeiten
stellten und zu Theorien führte, wo der Fokus auf dem organisatorischen Wie
personaler Push- oder dem sozialen Warum kontextualer Pullfaktoren lag. Die
Ressourcenmobilisierungstheorie (RMT) fragt danach, wie im „Bewegungssektor“[5]
einer Gesellschaft Ressourcen[6] zwecks Protest von ‚Bewegten‘ um „Kollektivgüter“ durch motivierende „selektive Anreize“ (Olson n. ebd.: S. 95f.) in Kooperation, Konkurrenz oder Konflikt mit gesellschaftlich ‚Unbewegten‘ mobilisiert werden. Ressourcen sind demnach
„Einflusspotenziale“, um „innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen
auch gegen Widerstreben durchzusetzen“ (Weber), die vor einer Protestbeteiligung
von den potentiellen Akteuren bei Verfügung oder zur Erlangung nach Kosten und
Nutzen abzuwägen sind (ebd.: S. 104). Unzufriedenheit (grievances) der
Problembetroffenen ist notwendig, aber erst „in dem Ausmaß, wie nichtorganisierten,
aber benachteiligten Gruppen soziale Ressourcen zur Verfügung stehen, so dass
sie eine organisierte Forderung nach Wandel äußern können“ (Herriger o.A: S.
9), wird der Protestanreiz für Akteure hinreichend. Die Wirkung von Ressourcen
ist dabei nach dem Ansatzpunkt der Handlungstriebe der Akteure[7], den Instrumenten
zur Belohnung (Versprechen bei Fügsamkeit) oder Bestrafung (Drohung bei
Nicht-Fügsamkeit) und dem Generalisierungsniveau ihrer räumlich-sozialen
Reichweite zu unterscheiden. Je nach Verfügung erfolgt durch ihre Kombination
eine „Mikromobilisierung“ von Akteuren (Schimank n. Kern 2010: S. 105ff.). Von
Ressourcenzugang und -verteilung hängt ab, welche Form die Protestbewegungen
organisationell annehmen: Entweder „isoliert“ mit oft professioneller Führungselite,
die meist nur mittelbar mit den Akteuren kommuniziert, oder „föderal“, wo dann
lokale Segmente um die Ressourcen ringen. Dies erfordert die Pflege der
kollektiven Identität, birgt Konfliktpotenzial, ermöglicht aber auch verstärkte
Rekrutierung (ebd.: S. 109ff.).
Fragt die RMT v.a. nach Geld und Zeit als „unerlässliche Ressourcen für alle Aktivitäten“
und konkrete Mittel zur Protestrealisierung, fragt die Framing-Theorie (FT)
nach der „Voraussetzung für erfolgreiche Ressourcenmobilisierung“ durch „frames“
(Deutungsrahmen der Akteure)[8], die problembezogen im (öffentlichen) Diskurs zu konstruieren sind und „ihre Weltsichten und Wertorientierungen transportieren, die ihre Forderungen
öffentlich nachvollziehbar machen und legitimieren sollen.“ (Herriger o.A.: S.
12f.) Soziale Protestbewegungen sind nicht nur Träger von Deutungs- und
Glaubenssystemen für die „kognitive Organisation von Erfahrungen und
Handlungen“, sondern auch deren Produzenten, als die sie Einfluss auf „die
gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit“ (Berger/Luckmann) ausüben und
so die Lokalisierung, Wahrnehmung, Identifikation und Benennung von Ereignissen
steuern. Damit sie durch frames potentielle Akteure überzeugen können, bedarf
es interner Konstruktion und gesellschaftlicher Anschlussfähigkeit durch eine
Deutungsarbeit entlang der Entwicklung von Problemdiagnosen (was, warum, durch
wen; diagnostic framing), des Angebots von Lösungen (wie, womit, mit wem;
prognostic framing), der Ausarbeitung von Motivationsstrategien zur Gewinnung
der „Meinungsöffentlichkeit“ (motivational framing) und der „Stabilisierung der
Bewegungsidentität im Zeitverlauf“ funktional durch Reflexion und Orientierung
(memory framing). Diese 4 frames[9] sind „unverzichtbare Ressourcen für die Mobilisierung kollektiven Handelns“ (ebd.; Kern 2010: S. 120-125; Kreissl/Sack 1998: S. 43)[10]. Übergreifende,
auch für disparate Bewegungen anschlussfähige Frames nennt man Master Frames,
die „gegenüber den kulturellen Traditionsbeständen einer Population“ Resonanz
erzeugen: „je stärker die kulturelle Resonanz, desto größer das
Mobilisierungspotenzial.“ Die aktuelle Stimmung in der Bevölkerung ist dabei
ein Resonanzfaktor, wobei es auch mehrere konkurrierende Master Frames geben
kann (Kern 2010: Kap. 5.3.3).
Bezogen sich RMT und FT auf die personalen Pushfaktoren, sieht die Theorie der
Gelegenheitsstrukturen (TGS) „die Entstehungsbedingungen sozialer Bewegungen in
wechselnden gesellschaftlichen Handlungszwängen oder Handlungsmöglichkeiten.“
Gelegenheitsstrukturen beziehen sich als pullfaktorielle Makrovariablen auf
soziale Kontexte, die external „für die Zielerreichung individueller Akteure
von Bedeutung sind.“ Sie sind „als bestimmte Ereignisse oder Sachverhalte, die
die Möglichkeiten für die Zielerreichung vermindern oder erhöhen“, zu
begreifen, weshalb „die Wahrnehmung der Gelegenheitsstrukturen durch die
Akteure für ihr Handeln wichtig ist.“ (Tilly) (Opp 1996: S. 223; 229ff.) Zwar
wurde die TGS „zu einem bedeutenden Instrument zur Erklärung von
Protestbewegungen“ und erlangte „Hegemonie“ (Goodwin/Jasper), ihr Fokus auf das
Politische verkürzte den realitären Blickwinkel jedoch auf Institutionelles[11], dass durch eine
„Soziologisierung“ die aus Sicht der Akteure „external relational fields“
(Goldstone) in den erweiterten Blick genommen wurden, demnach ein
multidimensionales soziales Feld den Akteuren „gleichzeitig Gelegenheiten
bietet und restriktive Bedingungen setzt“ (Neidhardt). Dieses akteursseits zu
realisierende „opportunity set“ (Elster) ist nach Schimank dreidimensional: Institutionelle
Erwartungsstrukturen als soziale Regeln (rechtliche Normen, Konventionen…),
„die einer Gruppe von Akteuren offenstehende Handlungsverläufe strukturieren“[12]
(Scharpf); Deutungsstrukturen als Konstitut sozial vermittelten Wissens zur Interpretation der
Akteurserfahrungen[13]; Konstellationsstrukturen sind als intentionale Interferenz die Beziehungsmuster zwischen den Akteuren[13] (Kern 2010: S. 132).
Kurzum: Innerhalb dieses ‚Ermöglichungsraums‘ müssen Protestakteure zur Vermittlung und
Erreichung ihrer Ziele ‚Problemrahmungen‘ ausarbeiten, um so an die für die
Protestrealisierung notwendigen Ressourcen zu gelangen.
3. Japans Kurs gen Wohlstand – Nachkriegs- und Prosperitätszeit bis 1990
Die Professionellen Hausfrauen – „archetypische Verkörperung von Weiblichkeit“ und „Hauptperson im Hintergrund“ der „kigyó shakai“ (Nachkriegszeit) (Linhart o.A.: Kap. 8) – erweiterten sich nach „Auszug der Väter“ in die Betriebe im „Vakuum zu Hause“ den „Haushalt
als ihre ‚Domäne‘“ (Jurczyk 2009: S. 77) durch die „Ausweitung der
Hausfrauenrolle in die Gemeinde“ (Lenz 1990: S. 79; 85) in einer
selbstbehauptenden identity extension um neue Handlungsräume. Ein weiterer
Handlungstrieb als Ansatzpunkt war die Befolgung von Normkonformität[14], da sich der
Zugewinn an Handlungsmöglichkeiten nicht über die erworbene wie zugestandene
Semiöffentlichkeit als Mütter, Erzieherinnen und „Haupteinkäuferinnen der
Familieneinheit“ (Lennox n. Baur 2013a) hinaus in neue, männliche Felder
erstreckte (s.u. u. Kap. 5), sondern den Normen als Hausfrauen verpflichtet
blieb, dass dieses „Engagement als Verlängerung der mütterlichen und hausfraulichen
Verantwortung“ begriffen wurde (Lenz 1990: S. 88). Das Fundament der
Hausfrauenbewegung bildete sich so in Nachbarschaftsvereinigungen (jichikai),
wo ‚Frau‘ durch kommunales Engagement Gemeinschaftlichkeit in den Vierteln
pflegte, und Parent-Teacher-Associations in den Schulen, wo nicht nur für die
Kinder gestritten wurde, sondern auch demokratische Petitionen zu heiklen
Fragen wie Prostitution entstanden. Aktiv wurde der Anspruch „auf Demokratisierung
der Familie, Macht über ‚Kinder, Küche, Kasse‘ und Beteiligung in Nachbarschaft
und Gemeinde“ proklamiert. Auf diese kommunalen Netzwerke mit lokalem
Generalisierungsniveau konnte die 1948 gegründete Hausfrauenliga (shufu
rengókai/shufuren) als wichtigster Trägerverband der Hausfrauen als Konsumentinnen
bauen, die den „Reis-Kochlöffel“ – „schon das Recht der Bäuerin auf
selbständige Wirtschaftsführung“ (orientierender memory frame) – zum Symbol
einer selbstbewusst gelebten Rolle erhob. In lokalen Kleingruppen mikromobilisiert
und föderal organisiert, gelang die kollektive Identitätsbildung und -wahrung
bis in die 1970er Jahre hinein dank eines hohen moralischen Kapitals
(sachnotwendiger Dienst an der Gesellschaft, s. Kap. 5) durch nur altersverschiedene,
geschlechts- und rollenhomogene „Überzeugungs-Mitgliedschaftlerinnen“
weitgehend problemlos, auch wenn regionale Koalitionen mit Gewerkschaften eingegangen
und im Gegensatz zu Deutschland populistisch Arbeiterinnen einbezogen wurden[15].
Auf dieser Basis und mit der seit 1947 auch für Frauen freizugänglichen Ressource Bildung[17] verfügte shufuren über Einflusspotentiale, um Kampagnen gegen hohe Preise/Lebenshaltungskosten,
Produkttests mit dem Gesicht von Takada Yuri als bekannte
„Hausfrauen-Wissenschaftlerin“ im Shufuren-Labor und alternative
Vermarktungsnetze[18] wie 1955 zur Senkung der Milchpreise in Tókyó zu organisieren und für Konsumentinnen-Aufklärung, Boykott-Kampagnen und Alternativ-Vorschläge den
Koch-Reislöffel konfrontativ auch gegen Großkonzerne symbolträchtig und mediale
Aufmerksamkeit gewinnend zu erheben (Lenz 1990: S. 85-88). Aus den „lokalen
Initiativgruppen“ (Franz 1977) heraus wandten sich insb. Mütter auch anderen
Themenfeldern zu und schlossen sich zum Gedenken an die Grauen des Pazifischen
Krieges pazifistischen und als „arbeitende Mütter“ für Mutterschaft
gewerkschaftlichen Forderungen an (Lenz 1990: S. 87). Ebenfalls zu erwähnen
sind eher der Gerechtigkeit und des Paternalismus als der Natur selbst wegen
betriebener „reaktiver“ Umweltprotest, dem es ergo nicht um ein neues
Politikparadigma ging. Für ihn bildeten in Städten die Hausfrauen v.a. der
Mittelschicht in ihren gemeinschaftlichen Strukturen (auf dem Land eher der
Unterschicht) das Mobilisierungspotential, wohin sich die Rekrutierungsbasis
auch zunehmend verschob. Dank naher Vertrautheit folgten in quasi-mechanischer,
vertikaler Solidarität potentielle Mitstreiterinnen den lokalen charismatischen
Aktivistinnen, die oftmals auch in den Konsumentinnengruppen tätig waren und so
kooperative Querverbindungen herstellen konnten. Diese Proteste blieben ihrer
lokalen Verortung wegen stets einem Problem verhaftet (Minamata[19]
und Tóyama
itai-itai Krankheit, Yokaichi Asthma), selbst wenn dieses überregionale
Aufmerksamkeit erlangte. Informelle Verhandlungen bevorzugt auf lokaler Ebene
und z.T. Gewalt bildeten das Handlungsrepertoire, dem als kulturell
unkonventioneller Protest das Beschreiten des Rechtsweges hinzugefügt wurde, um
dann in einem „moralischen Kreuzzug“ die paternalistische Ordnung als Status
quo ante wieder herstellen zu lassen (Viehöver 1996: S. 49-55)[20].
Trotz temporärer Koalitionen mit der Hausfrauenbewegung sind die Gewerkschaften Teil
einer männerzentrierten Teilkultur, wo in der „Berufswelt […] deutlich sichtbar
sozialer Status auf der sozialen Beziehung zwischen Männern beruht“ (Helle
1981b: Kap. 3f.), was den „selektiven Anreiz“ zur aktiven Teilnahme (Statuserwerb
und –erhalt) ausmachte. Die Homogenität der Gruppe als Ingroup förderte sozial
die kollektive Identität[21],
weshalb sich ihr Vertretungsanspruch und ergo ihre Rekrutierungsbasis auch
weitestgehend auf den Mann als ‚Hauptperson im Vordergrund‘ beschränkte[22]. Basis der
Organisationsform war kein überbetrieblich definiertes „Klasseninteresse“ aller
abhängig Beschäftigten, sondern das durchgesetzte und nicht kulturgegebene
Konzept des „Betriebs als Gemeinschaft“. In der konnte starker Einfluss
ausgeübt werden, in die war jedoch nur eine bessergestellte Minorität der
Stammbelegschaft in-, die Peripheriebelegschaft der Groß- sowie i.a.R. Klein-
und Mittelunternehmen exklusiert. Die Kernbelegschaft bestand aus regulär/fest
Angestellten (den „salari men“, sei-shain), die de facto lebenslang eingestellt
wurden und gemäß Senioritätsprinzip steigenden Lohn erhielten. Ihr Anteil machte
unter den Abhängigbeschäftigten nur rund 18-25% aus, was dem gewerkschaftlichen
Organisationsgrad von 23,4% (1995) ziemlich genau entsprach (1949 noch 55%,
2009 nur noch 16,1%; vgl. Abb. 1 im Anhang) (Ehrke 1996: S. 1f.)[23]. Die
gewerkschaftliche Bewegungsindustrie ist dreigestuft: Zu unterst die
Unternehmensgewerkschaft, nur der der Salaryman beitreten kann, die ihn direkt
vertritt und die ggf. plural mehrere Betriebsgewerkschaften einschließt;
übergeordnet auf der mittleren Ebene kommt es zu Branchen- oder regionalen
Föderationen (councils); zuoberst schließen sich mehrere dieser zu einem
Dachverband/nationalen Zentrum zusammen (IW Köln 2011)[24]. Derart föderal
organisiert, kommt mittlerer und oberer Ebene allerdings nur eine koordinative
Funktion zu, die auch nur geringe Anteile der relativ hohen, bei der Lohnauszahlung
einbehaltenen Mitgliedsbeiträge als Handlungsressourcen abbekommen. Das Primat
liegt auf der Betriebs- bzw. Unternehmensgewerkschaft, die das gesetzlich
garantierte Koalitions-, Streik- und Recht auf Abschlüsse von Tarifverträgen ausübt
(ebd.; Daimon 2012: Kap. 3). Sie hat jedoch nicht nur ihre Basis im Betrieb,
sondern gehört zu dessen Organisation, wo Betriebsgewerkschaftsführer ins Betriebsmanagement
aufsteigen und die Arbeiter stärker als im Westen üblich konsensual eingebunden
sind (Ehrke 1996: S. 5). Zwecks größerer Durchsetzungskraft, aber auch um den
Unternehmen als zuverlässige Partner zuarbeiten zu können, wurden seit 1955 die
Tarifverhandlungen landesweit auf den Februar und März, kurz vor Beginn des
unternehmerischen Fiskaljahrs im April, gelegt – die Frühjahrs-Offensive
„shuntó“. Die höheren Ebenen griffen koordinativ ein, letztlich konnte aber
auch branchenintern auf Betriebsebene eigen verhandelt werden, wofür sich oft
militanter, politisch aufgeladener Slogans zur Mobilisierung und v.a.
Positionierung gegenüber der Öffentlichkeit und Regierung als repressive Kräfte
bedient wurde. Shuntó wurde im Weiteren so etabliert, dass sie rituelle Züge
annahm, Verhandlungsergebnisse voraussagbar wurden, was ein Spannungsverhältnis
zwischen gewerkschaftlichen Verhandlern und damit unzufriedenen Mitgliedern
erzeugte (Daimon 2012: Kap. 4.1; Ishida 1993b: S. 128f.). Ganz im Gegensatz zu
den Hausfrauen waren die Gewerkschaften von Anfang an politisch verbandelt, was
Einfluss und Ressourcen stärkte, aber historisch gewachsen stets auf Seiten der
ab 1955 ‚Daueropposition‘ blieb und sie so zur bewegten Repression (s. Kap. 5)
wie Provokation machte (Daimon 2012: Kap. 4.4).
4. Ökonomischer Abschwung – Protest in stagnierenden
Verhältnissen
Die vorgestellten Bewegungen der japanischen Prosperitätszeit waren national
verhaftet und dort in der Hauptsache im erweiterten Haushalt der Hausfrauen, an
bestimmten Orten der Umweltschädigung oder in den Betrieben als Gemeinschaft
der Salarymen aktiv, wo Mobilisierung und Rekrutierung also üblicherweise in
unilateral-vertikal strukturierten[25] sozialen Räumen eines geringen Generalisierungsniveaus erfolgte und an single issues zur paternalistischen Instandsetzung orientiert war. Verbände höherer
Ebene stellten formal zwar die Spitze föderaler Organisationen dar, hatten
i.a.R. aber nur nach unten koordinierende und national repräsentierende
Funktionen, ohne deshalb notwendig das Generalisierungsniveau vergrößern zu
können. In einem „vierten Religionsboom“ und einhergehend mit der New-Age-Bewegung
ab den 1970ern kamen in starkem Maße synkretistische „Neue Religionen“ (vgl.
Coulmas 2014: Kap. 8) auf, die 2004 in über 600 religiösen Gruppen 10-15% der
japanischen Bevölkerung für sich mobilisieren konnten. Sie bezogen sich
mitnichten nur auf Jenseitiges[26],
sondern sind als „Produkte und Produzenten sozialen Wandels“ (Raschke) zu
kulturorientierten Bewegungen zu zählen, die auf gestaltbare und
gestaltungsbedürftige soziale Aspekte hinwiesen. Sie zielten „primär auf eine
Veränderung des alltäglichen Lebens, der unmittelbaren Umwelt und des Selbst“ (identity
transformation) ab und waren so religiös motivierte Gegenbewegungen zur
politischen Partizipationsarmut – „eine Art ‚stiller Widerspruch‘ gegenüber
staatlichen Autoritäten und etablierten Institutionen“[27] – und somit
Wegbereiter der Individualisierungsprozesse, die 1990 ökonomisch noch
beschleunigt wurden (Wiczorek 2004: S. 69ff.). Denn durch diese ökonomischen
Einbrüche veränderte Bedingungen und somit auch Gelegenheitsstrukturen (s. Kap.
5) führten zu einer Erweiterung resp. Intensivierung zuvor noch schwächer
ausgeprägter Formen sozialer (Protest-)Bewegungen[28], was den
Wandel hin zu einem „pluralistischen, multithematischen, dezentralen und transnational
vernetzten“ Bewegungssektor einleitete (Gengenbach/Trunk 2012: S. 262). So sehr
die lokale Gemeinschaft die föderale Basis japanischer Bewegungsindustrien
gebildet hat und vielfach noch bildet (Broadbent n. Viehöver 1996: S. 49), so
wenig deshalb eine anonyme Spenderkultur und die damit verbundene isolierte
Organisationsform bis weit in die 1990er Jahre hinein zum Leidwesen von u.a.
INGOs wie Greenpeace Fuß fasste (ebd.: S. 50f.), so sehr sind ab den 1990ern
subkulturelle Elemente wie Cosplay aus den sozialen Milieus in die japanische
Protestkultur verwoben und verleihen ihr vielfältig bunten Ausdruck[29].
Die ökonomischen Entsicherungen als geteiltes diagnostic framing ließen
zunehmend sozial-/systemkritische Bewegungen erwachsen, deren Charakteristikum
ein grundlegenderes Infragestellen, deren konkreter Problembezugsrahmen und ihr
Angebot an prognostic framing jedoch divers war: „Aki no Arashi“ (Herbststurm),
der sich „Kritik an gesamtgesellschaftlicher Ordnung, Autorität und Hierarchie“
widmete; „Dameren“ (Vereinigung der Armseligen), die sich an einer „autonom
organisierten Lebensform für Arme“ versuchte und so erst diese wohlstandsverkannte
Gruppe ins Licht holte; „tentóteki ródósha kyókai“
(Badehaus-Arbeiter-Bewegung), die das Verschwinden von städtischen Badehäusern
als Gentrifizierung ansah und deren Erhalt zum Politikum machte, oder seit 2004
“Shiroto no Ran“ (Aufstand der Laien). Dieser organisierte am 10.04.2011 die
erste Anti-Atomkraft-Demonstration mit 15.000 Teilnehmern und bediente sich
„dissidenten Praktiken der Selbstversorgung, Organisation und Information“[30]
(Do-it-yourself-Taktiken, Recycling-Shops) als emotionale identity amplification. Damit werden statt traditioneller Möglichkeiten politischer Partizipation „neue aktivistische
Elemente und ihre eigene Lebensform für gesellschaftlichen Wandel […] als
‚emanzipatorischen Radikalismus‘“ eingesetzt. Diese „new generation“-Bewegung
knüpft nicht mehr wie noch die Gewerkschaften Vernetzungen zur
sozialistisch/kommunistischen Daueropposition, ist aber in linkspolitischer Ausrichtung
als „post-new left“[31] einzuordnen. Die andere Seite dieser intranational handelnden sind
globalisierungskritische Einzelbewegungen. Die „Tradition der ‚singe issue politics‘“[32] (u.a. Feminismus[33]) pluralisierte sich zunehmend, indem Bewegungen der Hausfrauen oder Gewerkschaften
unideologisch mit ihren Mitteln insb. an Protesten rund um „Fukushima“
teilnahmen und sich so multithematische, vielschichtige Koalitionen ausbildeten
(Gengenbach/Trunk 2012: Kap. 3). Als Wegbereiter solch vernetzter,
multithematischer und dezentraler „Post 3.11“-Demonstrationen ist die besagte
globalisierungskritische Bewegung in Japan einzuschätzen, die v.a. rund um die
Aktivitäten zum G8-Gipfel in Hokkaidó 2008 Protestformen und Strategien
ausbildete. Eine Transformation sozialer Missstände, so die Motivation
dahinter, sei nur noch durch Vernetzung von punktuellen Einzelaktionen
angesichts global-dynamischer Rahmungen zu bewirken. Eine transnationale
Vernetzung verlangt organisational stärkere Institutionalisierung als bei
single issue Ad-hoc-Allianzen, um sich als Koalitionspartner über bisherige
Grenzen hinweg zuverlässig bzgl. Ressourcen austauschen und so in wirksamer Bewegung
bleiben zu können; im Gegensatz zu INGOs und TSMOGs (Greenpeace, Oxfam) wird
aber auf „organisatorische und strategische Autonomie der beteiligten
Mitgliedergruppen“, die fachspezifische Forschungsinstitutionen bis
Laien-Graswurzelbewegungen einschließen können, wert gelegt. Weil die klassischen
Medien vom „Zirkel der Macht“ (s. Kap. 5) eingenommen sind und so Informationsvermittlung
auf herkömmlichem Wege erschwert ist, ist eine der wichtigsten Ressourcen, die
zu gewinnen ist und über die zu gewinnen ist, Wissen und dessen Vermittlung.
Neben „benkyókai“ (Lerntreffen) oder weiträumigeren „Bildungs-Karawanen“ gab es
in Vorbereitung auf den G8-Gipfel noch Internetkurse und Radioprogramme, die
von Bürgerreportern (shimin kisha) moderiert wurden. Erst durch dieses frame
bridging konnten multisektorale Koalitionen zu interdisziplinären cross
issue-Aktivitäten zusammenfinden und sich so anlassbezogen (Irak-Krieg oder
WTO-Treffen in Cancún 2003…) übergreifende Solidaritäten gegen gemeinsame
Gegner festigen. Beim G8-Gipfel auf Hokkaidó gipfelte all dies in
quasi-professioneller Organisation und Zusammenführung transnationaler Gruppen
(Gengenbach/Trunk 2012: Kap. 4). An diese Erfahrungen (memory frame der
Bewegungen) konnte erfolgreich angeschlossen werden, als es am 11.03.2011 zur
Dreifach-Katastrophe kam: Die Chiffre „Fukushima“[34]
stand im Protest nicht nur für technisches Versagen eines AKW, sondern für das Versagen
staatlicher Risikokommunikation[35],
weshalb in Parallele zu Occupy, dem Arabischen Frühling und der europäischen
Demokratiebewegung in Japan das „Eiserne Dreieck als „Zirkel der Macht“ (s.
Kap. 5) derart erstmals unter Beschuss geriet. Ziel der Proteste (und somit
prognostic wie als Selektive Anreize auch motivational framing) war
„generationen- und kulturübergreifend“ Wandel durch konsequentes Beharren auf
formal zustehenden Bürgerrechten einzuleiten, indem Demonstrationen unübersehbar
in die Öffentlichkeit getragen werden (Beispiel der institutionalisierten
„Freitagsdemos“). Hatten Hausfrauenbewegung und Gewerkschaften nur das Ziel
einer ‚Semiöffentlichkeit auf Zeit‘ (Erweiterung der Haushaltsdomäne resp.
Shuntó), wurden mit u.a. Zeltlagern dauerhaft öffentliche Räume ‚erobert‘, um
mit unkonventionellen Aktionsformen eine junge, kreative Alternativkultur vorzuleben
(ebd.: Kap. 5). Auffallend, wie sehr hierbei der Handlungstrieb des
Prozessnutzens zur Erlangung von zuvor ungeübter Autonomie, Verbundenheit und
Kompetenz reziprok zur Aktivität motiviert und durch sie für sich profitieren
lässt (Holdgrün 2012: S. 256f.), wie es auch auf die meisten
Katastrophenvolunteers nach dem Tóhoku-Erdbeben zutraf (Klien 2013).
5. Protestualer Wandel? Der diachrone Blick
Um das „opportunity set“, das den Akteuren Gelegenheiten bietet und restriktive
Bedingungen setzt, als deren wahrgenommene Handlungschancen innerhalb eines
sozialen Kontextes zu bestimmen, sind aus Sicht dieser die „external relational
fields“ zu analysieren: Nach 15jährigem/Pazifischem Krieg durchlief Japan bis
1952 als besiegter Feindstaat unter US-Administration nach der ersten Landesöffnung
1868 erneut eine exogene „Transformation von revolutionärem Ausmaß“ (Eisenstadt
2006: S. 379)[36].
Diese baute jedoch auf diverse „transwar endeavours“ (vor dem Krieg schon
angestoßene Bestrebungen), weshalb diese kein „umfassendes Bewusstsein und
ideologisches Modell für Diskontinuität und Wandel“ ausformten (ebd.: S.
369f.). Zur Steigerung des BIP wurde ein „Konvoi-Kapitalismus“ in einem
„Grundkonsens zwischen staatlichen Organen und Großindustrie“ in Gang gesetzt,
der 3 Jahrzehnte typisch für Japan war (Goydke 2013: S. 83f.) und es 1968 zur
zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt machte. Dafür wurde „der Begriff
‚Eisernes Dreieck‘ [kangyósei] geprägt, ein Dreieck, das unter Ausschluss und
auf Kosten der Öffentlichkeit agierte“ (Klein/Kreiner 2010: S. 445). Diese
„Entkopplung von System und Lebenswelt“ ging jedoch mit der „Kolonisierung“
dieser in Form „einer Unterwerfung immer weiterer sozialer Bereiche unter Marktgesetze
[…], in der Ersetzung kommunikativer Beziehungen durch Warenbeziehungen also“,
einher (Habermas n. Sacchi 1994: Kap. 2). 1955 gefördert durch die
Kangyósei-initiierte Bewegung „Neues Leben“ (shin seikatsu) wurde eine
geschlechtspolare Arbeitsteilung etabliert, um in festen Rollen[37]
„alle Mitglieder der Gesellschaft auf einen sparsamen Umgang mit den Ressourcen und auf das
Wachstum der Wirtschaft“ auszurichten[38],
was zum Zwecke nationaler Prosperität parteiübergreifend und von den
Gewerkschaften mitgetragen wurde (Linhart o.A.: Kap. 8). Durch diese Art
„industrieller Tradition“, die „spezifisch industriegesellschaftliche
Verhältnisse als ‚immer schon so gewesen‘ und traditionell“ und „letztlich als
selbstverständlich und unhinterfragbar“ darstellte (Lenz 1990: S. 73), und
weiterer Tradition(alism)en (Antoni 1992) wurde eine wertkulturell verdichtete
Gelegenheitsstruktur gefestigt, deren „narrative fidelity“ einer familienzentrischen
Gesellschaft (ie shakai) als Master Frame für disparate Gruppen höchst
anschlussfähig und resonierend war[39]. Diese
so zu nennende ‚restaurative Integration‘ band das gesellschaftliche Gros so fest
ein, dass soziale Bewegungen wie die der Hausfrauen und institutionalisierte
Organisationen wie die Gewerkschaften ihre Frames zur Ressourcenmobilisierung
im weiteren Sinne durch frame amplification nur in Nuancen spezifizierten,
sonst aber voll auf nationaler Linie blieben. Nicht die Abweichung, sondern die
Angleichung der auf hausfrauliche Anerkennung in außerhäuslicher
Konsum-Semiöffentlichkeit resp. auf Arbeitsplatzsicherheit und
Einkommenssteigerung zwecks Konsum abzielenden Master Frames an die Kangyósei-geprägte
„diskursive Möglichkeitsstruktur“ (Koopmans/Statham) war integraler
Handlungstrieb der Bewegungsakteure. Neben Patriotismus u.Ä. verführte der
(politisch induzierte) „selektive Anreiz“, „ den Lebens- und
Konsumstil einer prosperierenden Industriegesellschaft führen zu wollen“, zur
geschlechtspolar arbeitsamen Ausbreitung einer industrialisierten Massengesellschaft,
die „sowohl für eine Angleichung der Einkommen als auch eine Nivellierung der
Lebensstandards in städtischen und ländlichen Gebieten“ (Fahrstuhleffekt)
sorgte, was bei 90% ein „allgemeines Mittelschichtbewusstsein“ (Schad-Seifert
2007: S. 1-7) durch das forcierte „Selbstbild einer homogenen Mittelschichtgesellschaft“
(Bude et al. 2012: S.3) ausprägte. Dadurch wurde „Konformität von der
Kooperation in der Produktion zur Konformität im Konsum verschoben“ und „die
Dominanz der ‚anonymen Autorität‚ (Fromm) als typisch für eine fortgeschrittene Industriegesellschaft etabliert. Im Zuge dessen breitete sich eine „konservative Grundstimmung“ (Wright Mills) in der Bevölkerung aus, die keine plötzlichen Wechsel favorisierte und wo
Identifikation nicht (mehr) über den Staat, sondern die (Kern-)Familie und die
Firma als Garant eines materiellen Lebensstils gruppistisch erfolgte (Ishida
1993a: S. 160-164). Das schließt den Kreis, in dem Konsum- und
Wohlstandsverheißung das Gros lange ruhig hielt und es so ihren repressiven
Anteil für „die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit“
(Berger/Luckmann) leistete. Bis heute hat diese ‚Konspiration‘ des 1. und 2.
Sektors allerdings zur Folge, dass Öffentlichkeit (kókyósei) und Zivilgesellschaft
(shimin shakai) im 3. Sektor schwach ausgeprägt sind (Foljanty-Jost/Haufe
2006), was die „politischen Chancenstrukturen für politische Partizipation […]
traditionellerweise gering“ sein und „kaum Möglichkeiten der partizipativen
Einflußnahme“ zuließ (Viehöver 1996: S. 54) und die Bevölkerung so ungeübt in
die nächste Modernisierungsphase entließ.
Die Verhältnisse änderten sich scharf, als mit 4jährigem Vorlauf 1990 eine Vermögens-
und Immobilienblase platzte (Willam 2012) und es so nicht zur erwarteten „Pax
Nipponica“ (Vogel 1993) durch die Standards setzende „Vorreitergesellschaft“
(Schwinn 2006: S. 30) kam, sondern die Vorzeigenation unter Druck geriet: Die 1990er
wurden durch die rasante Verdoppelung der Arbeitslosigkeit von 2,1 auf 5,4% zu
einer „lost decade“ (Hommerich/Schöneck 2014: S. 9ff.), was die Vorzeichen
einer „Vollbeschäftigungsökonomie“ umkehrte, so dass sich das „basale Institut
japanischer Arbeitsbeziehungen“ (Hessinger 2004: S. 221f.) in einer Erosion des
Normalarbeitsverhältnisses entsicherte. Auch wenn die 90% Mittelschicht als
„Magie der Mitte“ (Lenk) der gewünschte Stratifikationstyp blieb, konnte der
Glaube an sie nur durch eine v.a. in der Bildung exzessive „Hyper-Meritocracy“
aufrechterhalten werden (Hommerich/Schöneck 2014: S. 9f.; 22).
Folge dessen war „The Individualizattion of Relationships in Japan“ (Ishida et al. 2010) [40], die als
Enttraditionalisierung zur Freisetzung aus der „industriellen Tradition“
beitrug, so diese kulturelle Gelegenheitsstruktur verflüssigte und den höchst
anschlussfähigen, resonierenden Master Frame einer stark integrierenden „Bewegung
Neues Leben“ seiner „narrative fidelity“ als quasi Alleinstellungsmerkmal entzauberte.
Gab es bis 1990 durchaus erste Modulationsversuche[41], so zeichnet sich
die Zeit ab 1990 dadurch aus, dass Protestbewegungen von Grund auf eigene
Master Frames durch frame extension (um durch neue Inhalte
neue/individualisierte Gruppen zu erreichen) und frame transformation (um sich
den geänderten Überzeugungen inhaltsprogrammatisch anzupassen) entwickeln
mussten. Zugleich gab es weiterhin beharrende Kräfte, die das „opportunity set“
ausformten: Zwar als prosperitätsstiftendes Eisernes Dreieck de facto ökonomisch
und in Form einer „Elitentransformation“ (Giddens) weg von einer „kohäsiven
Machtelite“ politisch sukzessive erodiert (Rothacher 2010)[42], blieb es als
„Zirkel der Macht“ dennoch bis heute etabliert und prägend, da die
verschränkten Beziehungen bis in die Massenmedien ausgedehnt wurden, über die
nun (Des-)Informationen gezielt in die Bevölkerung diffundieren (Schmidt 2013:
S. 9f.).
„Die spezifische Struktur des Dritten Sektors“ als „Nebeneinander von wenigen
einflussreichen starken Organisationen und vielen einflussarmen, ressourcenarmen
Nachbarschaftsvereinigungen“ (Pekkanen) wurde durch ein NPO-Gesetz von 1998
möglichkeitsstrukturell diversifiziert: Es ist eine „neue spezifische
Rechtsform der gemeinnützigen Körperschaften eingeführt worden, die lokalen,
bislang nicht eingetragenen Bürgervereinen einen Rechtsstatus bietet.“ Dadurch
nahmen NPOs quantitativ zu und fassten als 3. Segment im 3. Sektor neben traditionellen
Nachbarschaftsvereinigungen und Bürgergruppen Fuß. Das belässt rechtlich
induziert dem Staat eine Zuweisungsfunktion staatlicher Outsourcings inkl.
einflussnehmender Durchdringung, schafft hierarchische Abhängigkeiten und formt
die drittsektorale Struktur sehr ungleichheitlich aus (s. Abb. 2 im Anhang)
(Foljanty-Jost/Haufe 2008: S. 62ff.). Ein Aufschmelzen der „administrierten
Gesellschaft“ (kanri shakai) (Kurihara n. Lenz 1993: S. 89) hin zu einer Bürger(selbst)verwaltung
(shimin jichi) wird seit etwa 2000 ausschließlich auf kommunaler Ebene (quasi
im alten ‚Heim‘ der Hausfrauenbewegung) durch diverse Partizipationsangebote
erprobt, die jedoch trotz eines regelrechten Booms eher nur „kommunikative
Funktion“ haben und so „im Rahmen von Entscheidungs- und Planungsprozessen als
verwaltungsgelenkte, singuläre und wenig verbindliche Beteiligung zu
bezeichnen“ sind (Foljanty-Jost/Haufe 2011: S. 92; 114ff).
6. Fazit
Vor der Conclusio zur betrachteten diachronen Protestgenese und deren sozialen Bedingungen sind Blinde Flecke der Analyse herauszustellen: Kapazitätsbedingt blieb es, wie einleitend eingeschränkt, bei einer etischen Perspektive, was frühe Syntheseleistungen japanischer
Bewegungsforschung seit den 1980er Jahren bzgl. isoliert existierender Theorien
in Europa und den USA ebenso außen vorlässt wie an konkrete japanische
Bewegungen orientierte Forschungen aus emischer Sicht. Auch außen vor blieb die
1. Modernisierungsphase Japans (1868-1945), in die diverse der kollektiven
Biographien zurückzuführen wären und die die Grundlage für verschiedentliche
memory frames bildet. In der seither zwar „verwestlichten“, dennoch
„nicht-westlichen“ Industrienation (Derichs) hielt trotz des Imports der
„Sozialen Frage“ Ende des 19. Jahrhunderts und einer „jiyú minken undó“ [43]
erst nach dem 15jährigen Krieg mit „shakai undó“ ein Oberbegriff für soziale
Bewegung in Japan Einzug, zuvor wurde bewegungsförmige Aktivität konkret und
isoliert benannt. Nicht unerwähnt darf die „Lebensreformbewegung“ (seikatsu
kaizen undó) Anfang des 20. Jahrhunderts bleiben, die „zur Verbesserung des
Alltags“ vom Staat initiiert worden war, der sich aus der Bewegung aber
zurückzog, die sich daraufhin verselbständigte und anfangs
funktional-integraler staatlicher Kontrolle entzog (Mathias-Pauer) (zit. n.
Galbani 1997: S. 109f.). D.h., dass bereits 50 Jahre vor der „Bewegung Neues
Leben“ eine staatsinitiierte Kampagne eine Bewegung in Gang gesetzt hatte und
es sich somit nicht um singuläre, sondern im Zuge japanischer Modernisierungsprozesse
um typische Formen kultureller Gelegenheitsstrukturen handelt, die die
Definition einer sozialen stets als Protestbewegung (Kap. 2, S. 3) relativiert
und sie anscheinend auch nicht notwendig in provokanter Opposition entstehen
lassen muss. Diese Art von „nationbezogener Kulturalität“ diente „zur
Vereinheitlichung der lebensverhältnisse und zur Bildung einer kollektiven
Identität der Menschen“ und „beruht auf abgrenzenden und ausschließenden
Differenzsetzungen“, deren wichtigste, weil grundlegende die „Genderordnung“
ist (Mae 2008: S. 237). In diesem Lichte ist die Hausfrauenbewegung shufuren
„in einer Grauzone zwischen fest etablierten Interessengruppen und sozialen
Massenbewegungen innerhalb des gegebenen politischen Systems“ zu verorten, die
„ihre politisch-orientierten Ziele in einer Mischung aus Kooperation und
Konfrontation“ verfolgte, „auf lokaler Ebene eine aktive und bedeutende Rolle“
spielte, doch auf nationaler Ebene hatte „sie lediglich eine repräsentative
Stellung inne“, blieb ohne Stimme und ohne politische Partizipation auch
konservativ (Maclachlan n. Galbani 1997: S. 110). Vergleichbares, nur mit
betrieblicher Orientierung gilt m.E. für die Gewerkschaften. Der durch die
geplatzte Wirtschaftsblase ausgelöste Individualisierungsprozess setzte – ganz
im Sinne Becks (vgl. Beck 1983; Beck/Beck-Gernsheim 1993) – die Individuen aus
klassenförmig einnehmenden Konstellationen frei, was für den Protest bedeutete,
dass Handlungstriebe der Normkonformität zurücktraten und zunehmend von Eigen-
bzw. Prozessnutzen abgelöst wurden; an die Stelle von „everyday kantians“ quasi
„occasional users“ getreten sind, die sich anlassbezogen gezielt für eine tiefergehende
lebensweltliche Umgestaltung (v.a.) auch zum eigenen Vorteil einsetzen; in einem
Findungsprozess steht für sie auch mehr identity consolidation und darauf
folgender transformation (am zugespitztesten bei den Neuen Religionen) im
Vordergrund. So pluralisiert die Identitätsbildung erfolgt, so plural sind auch
die Deutungsrahmen geworden: Wurde per diagnostic framing erfasst, wer und was
die paternalistische, nämlich prosperitäre Ordnung gefährdete, kam im
prognostic framing die gendergeordnete Arbeitsteilung zum Zwecke der
Wohlstandswahrung als Lösung auf den Tisch, was lange kaum noch eines
motivational framing bedurfte, um dafür zu rekrutieren, da in ‚restaurativer
Integration‘ das memory framing griff. Inzwischen gibt es je nach Standpunkt
und Perspektive der Probleme und deren Lösungen viele, die Motivierung muss
spezifischer ausfallen und referentiell gemeinsame ‚Erinnerungen‘ sind in eine
gruppistische Vielzahl fragmentiert. Dementsprechend bedarf es verstärkt frame
bridging zur Herstellung neuer Gemeinsamkeiten; frame amplification, um sich
Gehör und so Resonanz zu verschaffen; aber auch frame extension, um stets neue
Inhalte bis zur anvisierten Meinungsöffentlichkeit auszudehnen sowie frame
transformation, um alternativ die eigene Agenda dem ggf. wechselnden Mainstream
anzupassen. Kurzum: Das Sammelsurium an Framing-Techniken muss in Gänze
proaktiv angewandt und situativ neukombiniert werden, um den neuen Kontexten
einer „Differenzgesellschaft im Familienexil“ (anstelle einer „homogenen
Familien-Mittelschichtgesellschaft) gerecht zu werden.
Partizipationsgelegenheiten werden de jure formal zwar stetig vergrößert, durch
den „Zirkel der Macht“ in ‚guter alter Tradition‘ jedoch faktisch ‚gezähmt‘,
dass die Dreifach-Katastrophe rund um Fukushima v.a. als Chance auf Protest für
Partizipation in neuen Räumen zu sehen ist – Weiterentwicklungsprognose: offen.
7. Literaturverzeichnis
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8. Nachbemerkung
Nur zur Info, wer noch ganz atemlos vor Erschöpfung ist: Die Betreuerin hat diese soeben durchgelesene Arbeit mit maximal bester 1.0 bewertet und benotet. Am Ende der Kräfte, auf dem Zahnfleisch kriechend, soll mir somit das Beste aller Hausarbeiten nipponicae gelungen sein, der (gekonnte?) Glücksgriff. Wer auch dieser Meinung ist NACH DER LEKTÜRE VON KAPITEL ZWEI, melde sich im Kommentarbereich. LÜGEN IST ZWECKLOS!
Gerade dieses Kapitel zwei ist derart ultraverdichtet, zwecks Platzeinsparung ist hier so viel Inhaltsgewichtiges in die Fußnoten ausgelagert, gibt sich relevanter Fachausdruck mit wichtigem Fachterminus die Klinke in die Hand. Und noch krasser: Just an dem Tag der Abgabe, als ich mittags nochmal Luft holen wollte, kam die Benotung der Trio-ersten Hausarbeit rein, also zur Individualisierung-These. Daraufhin, das weiß ich noch arg genau, habe ich diverse letztmögliche Eingriffe in den Satzbau und die Satzstruktur vorgenommen, habe sogar noch – kaum noch erahnbar – entzerrt und Sätze entschachtelt. Diese Version von kapitel zwei (und ebenso der folgenden) ist also bereits eine entschärfte, ein Versuch der Lesbarmachung. Ich komme schon mit meinem eigenen Machwerk klar, aber dieses berüchtigte Kapitel zwo ist so angefüllt, derart voll mit Jedwortwichtigkeit, dass man es nur höchst konzentriert Wort für Wort erlesen darf. Zumindest sollte, wollte man folgend dann meine versuchten Zuordnungen und Erklärungen nachvollziehen können. Nur wer hier aufgepasst und noch im Sinn hat, versteht allen voran Kapitel fünf mit dem großen Überblick all der Rahmen gebenden, Gelegenheiten strukturierenden, kommunikative Anschlüsse herstellenden Umstände in Japan.
Und dennoch ist es auf gewisse Weise die konkreteste aller vier Hausarbeiten, die den zeitnächsten Bezug hat und sich – zumindest aus der Ferne, massenmedial vermittelt – auf real miterlebte Geschehnisse bezieht. Alle übrigen Arbeiten sind theoretisch fundierter, fußen auf Theorien mittlerer Reichweite, mit denen ich wie durch eine Brille auf Japan blickte. Das in Kapitel zwei geschärfte Instrumentarium ist zwar gleichermaßen wie diese Theorien in Europa/USA konzipiert worden, wollen aber konkrete Protestformn erfassen und beschreiben. Dieser Clash – detaillierter als sonst hinblickend versus mehr denn je theorieverdichtet abstrahiert formulierend – lässt mich noch heute bass erstaunt sein. Und weil das nirgendwo sonst im Quartett so sehr auseinander klafft, ist genau diese Arbeit dann optimal bewertet. Sachen gibt’s…
EDIT vom 13.12.2021: Da brauche ich überlange Stunden, bis das Ganze umgewandelt ist, um dan doch Fehler vorzufinden. 1. In der Übersicht der Titel, wo ich den Link auf bereits online gegangene Arbeit fixte; 2. Im InhaltsVZ die Sprungmarke, damit man ohne die Zwischenlektüre sogleich ans Ende zur Nachbemerkung hopsen kann 😛