Hallo Mitwelt!
DDovie’andi se tovya sagain! Es ist Zeit, die Würfel rollen zu lassen!
Neues Blog – neues Glück.
Noch ein Blog? Noch eine narzisstische Singularität, die sich nonsent wortreich in die Welt ergießt? Noch ein digitales Schaufenster ins mikroskopierte Denkinnere, um im Spotlight auf der Vorderbühne Selbstdarstellung online zu inszenieren?
Noch ein Blog zum Influencen der nun aber sicher letzten Antworten auf die Fragen nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest in zweifelloser Gewissheit? Ein Blog, das die Dritte Ultimate Frage zu beantworten weiß, wer das GESETZ initiiert hat und was es bewirkt?
Naja – vielleicht, je nach Perspektive.
Eigentlich ist das hier eine Art Reiseblog. Nur dass es keine Bilder von „dort“ geben wird, keine Diashows zum Durchklicken, keine Videos zum passiven Anschauen. Keine dieser unnützen Reisen, die man gemacht hat, weil man sie machen zu müssen glaubte, da es geheißen hat, man täte solche Reisen. Nicht so eine Reise, die einen ratlos bis verbittert zurückblicken lässt wie die Reise der Angehörigen der Art des Homo sapiens auf ihre eigene Geschichte hinein ins selbstgeschaffene Nichtparadies des Anthropozän
Viele kamen allmählich zu der Überzeugung, einen großen Fehler gemacht zu haben, als sie von den Bäumen heruntergekommen waren. Und einige sagten, schon die Bäume seien ein Holzweg gewesen, die Ozeane hätte man niemals verlassen dürfen.“
Douglas Adams: Per Anhalter
Gereist wird hier vielmehr im Stillstand, vom Ausgang eines Gedankens hinaus in die mental-unendlichen Weiten; Überlichtschnell, wenn es beliebt; sitzengeblieben, wenn das Erlebnis zum Verweilen im Weiler der Raum-Zeit einlädt; hinterhergerannt, wenn die Große Beschleunigung es abverlangt, um nicht stehenzubleiben und abgehängt zu werden.
Denn, wie es heißt, der kürzeste Weg zu sich selbst führt um die ganze Welt. Und
Die ganze Welt ist unser Spiegel, in dem wir uns betrachten müssen, um den richtigen Blick für die Selbstbeobachtung zu bekommen.
Das wird eine weite Reise, denn
Das Bekannte ist endlich, das Unbekannte unendlich. Geistig stehen wir auf einer kleinen Insel inmitten eines Ozeans von Unerklärlichkeiten.
Da gilt es die Segel der Worte zu hissen, um auf den Ozean unendlich unergründlicher Gedanken hinauszugelangen. Angetrieben vom Streben eines jeden intelligenten Wesens bis jenseits der Zeit,, „einmal so groß zu werden wie seine Gedanken.“
Durch Gedanken über Worte in Text zu(rück zu) Gedanken! Welche Wirkungsgradverluste drohen denn da? Und wenn – auch nur ein erhofftes – Gegenüber demgegenüber mein Geschriebenes aufnehmen müssen, insoweit sie denn je hiervon Kunde erhalten haben, kann es wechselseitig zu Wirkungsgradverlusten kommen, solange nicht ein jedes Wort von mir präzise bis in die Gedanken dort draußen einsickert. Verloren in doppelter Kontingenz, demnach nichts notwendig ist und nichts unmöglich ist und wir doch beharrlich versuchen, das Auch-anders-Mögliche einzugrenzen, einzuhegen in Gehege des Verständlichen. Doch wie überhaupt einfangen diese Gedanken? Wie anfangen?
Eine Anekdote
Am Ende nur so, dass die Geschichte Weg zu bereiten ist[2], indem man sie wie der Alte vom Berg niederschreibt – fort und fort,
voran von dem Wort, fortan sie begann;
Satz über Satz, von Wort zu Wort;
ich griffel sie, so gut ich kann;
sie schreib‘ ich rascher Finger auf, bis sie sich groß und lang verflicht‘
mit Link und Wendnis stets bergauf. Und immer weiter? Ich weiß es nicht.
Und die Anekdote? Damals, zu Schulzeiten, im Deutsch-Grundkurs, irgendwo zwischen Sturm und Drang, Romantik oder einer anderen tempramentvollen deutschen Literaturepoche. Ein Referat stand an, irgendwas mit Goethe. Das Thema ist mir tatsächlich nicht mehr präsent, was allerdings nicht verwundert. Denn das Thema, dessen darstellende Aufbereitung gerann nie zur gehaltvollen Erinnerung. Der Referateur, der im Übrigen nicht ich war – auf mein Erzählerehrenwort, hatte zeitlich befristet die üblichen 10-15 Minuten für den kurz und bündigen Vortrag, um in den restlichen rund 30 Minuten der Schulstunde ein Zeitfenster für eine Diskussion zu den Inhalten offen zu haben. Ob es je dazu kam, das dreifach geglaste Vakuum-Fenster längst zugezogen worden war, entzieht sich ebenso meiner Erinnerung – es konnte sich nicht einprägen. Besagter Referathalter, der auf diesem Wege ein Weniger an sonstiger mündlicher Mitbeteiligung wett- und zu einem Mehr an Note zu machen suchte, schritt und tritt mit handgemachten Unterlagen zur Tafel. Zur Tafel, die – das muss man den jüngeren Leser*innen verdeutlichen – rein analog materialisiert an der Wand hing und mittels der Überreste aus der Kreidezeit per Hand, also fingerfertig manuell zu beschreiben war. Dafür warf sich unser Referendar in Pose, ergriff die Kreide gekonnt wie einen Griffel, um aufzuschreiben zu beginnen. Nicht, um das Referat im eigentlichen Sinne zu halten, also mit gesprochenen Worten entlang von Sätzen vorzutragen, wie es altgedienter Brauch gewesen war; ohne Vorwarnung kommentierte er seine andauernde Niederschrift vielmehr damit, zunächst einmal zu notieren mithilfe einer zunehmenden Anzahl von Stichpunkten, was er – in einer Art kontrafaktischem Inhaltsverzeichnis – alles nie und nimmer im Rahmen des Referats würde folgend aufgreifen und vertiefen können. Die Zeit reiche einfach nicht, die während seiner Recherche gemachten Einsichten in nähere Einzelheiten des Stoffs in gebotener Ausführlichkeit voll und ganz oder überhaupt nur anzusprechen. Seine an Konsequenz nicht zu überbietende Rigorosität daher, diese Ausbleibsel ergo auch nicht zu besprechen, hingegen nur aufzuschreiben. Somit hatten alle Anderen in sich verdichtendem Gedränge der Shownotes griffig vor Augen, was sie weiters nicht würden erhören können, da es keiner gesprochenen Worte zeitwert war. Und da zeit in der Schule vielleicht nicht Geld gewesen ist, aber doch ein in Noten ummünzbares Eintauschgut, galt alles Sinnen unseres Referatversprechers dem Versuch, dem Zwang zu zeitlicher Kompression mit diesem wagemutigen Kraftakt zu begegnen. In gründlicher Notation war also Wort für Wort zu erlesen, was im Nachfolgenden auszubleiben hatte, ja notgedrungen ausbleiben musste. Die Deutschlehrerin verfolgte dies stillschweigend, auch sie hatte stumm keine auszusprechenden Worte parat. Auch die Klasse blieb still und leise. Nach gefühlten, durch die faszinierte Gebanntheit niemals festgestellten Minuten, sicher deren fünf oder gar noch mehr, ging es schließlich und endlich über in das versprochene Referat, hin zu des Pudels Kern (falls es wirklich um Goethe ging), zur ganzsätzigen Aussprache. Dann: aus und vorbei. Dass dies nicht mehr Teil der Anekdote ist, betont nur nochmal, wie beeindruckend das Zuvor, wie überstrahlend die Wirkmacht des notiert Nichtgesagten gegenüber dem sich anschließenden notenrelevanten Vortrag gewesen ist. In der Erinnerung ist die kommentierte Notation zeitlich ins Unendliche ausgedehnt, ein steter Fortlauf aufeinanderfolgender Stichpunkte, wovon ein jeder wie ein Stich in Triggerpunkte einwirkte. Das Danach ist herabgemindert und verkommen zu einem verblassten zeitlichen (Ver)Sprengsel ohne jegliche Wichtigkeit. Null und nichtig, so rein gar nicht von Bedeutung. So kann es gehen, einem Referat und seinem Vorträger ergehen, von dem niemand je mehr wird in erinnerte Erfahrung bringen können, worum es denn gegangen war, wie thematisch Ross und Reiter hießen, in welchen deutschstündlichen Kontext all das denn eingebettet war. Nur die Art und Weise, singulär einmalig in dieser Machart, dem Vorträger ureigen geblieben, hat die Zeiten überdauert und haftet dem Schüler, der doch nur ein Referat zur Notenaufbesserung hat halten wollen, wie ein Imprint, ein Schiboleth, eine Brandmarke an. Auf ewig gezeichnet als der, der ein Referat halten wollte und nie eines hielt.
Und das bedeutet nun? Wie ist das jetzt zu exegieren? Was ist die Moral aus der Geschicht?
Weniger ist mehr
Im Folgenden über eine Studie von Gabrielle Adams et al. in Nature – worüber Lukas Wieselberg bei science.orf.at berichtet:
- Die Schwierigkeit vieler mit explodierenden Zeitplänen;
Institutionen, die mit wachsender Bürokratie kämpfen und
der gesamte Planet Erde, der an die Grenzen seiner Ressourcen gerät.
Bei der Lösung solcher und beliebig auszudenkender oder tagtäglich erlebter Probleme gibt es zwei Ansätze: Mehr vom Gleichen (die additive / hinzufügende Lösungsart) versus Weniger ist mehr (die subtraktive / wegnehmende Lösungsart).
Und obwohl „Einfachheit als die höchste Stufe der Vollendung“ gilt, neigen Menschen
ausgeprägt dazu, wie entlang mehrerer Experimente in der Studie aufgezeigt, weit überwiegend stets auf die additive Weise an das Problem heranzutreten. Und weiters, auch daran pfadabhängig festzuhalten, es auf ein- und dieselbe Weise weiter zu versuchen, selbst dann wenn die Lösung nicht in Sicht kommt. Oder sie sich – ggf. im Nachhinein erst – als die schlechtere erweist.
Warum trotzdem darauf beharren und oftmals erst auf Input hin, also von außen angeregt, auf die subtraktive Möglichkeit setzen? Warum nicht weitgehend gleichwertig beide Optionen austesten? Die Psycholog*innen erwägen, dass
- Addieren kognitiv leichter sei als anstrengender zu subtrahieren – was aber doch über bloße Vermutung hinaus psychologisch ergründbar sein sollte;
- Eine stete Addition sozial erwünschter sei, ggf. weil etwas wegzunehmen weniger kreativ erscheint, als etwas (vermeintlich) Neues hinzuzufügen;
- Es „so etwas wie eine Ehrfurcht vor dem Bestehenden, das ja aus guten Gründen bestehen müsse und uns vor dem Eliminieren zurückschrecken lasse“, gebe.
Vermutung 1 ist also eine kognitive, neuronal basierte innerpsychische Verfasstheit der Leute, die ggf. auf dem Framing-Effekt basiert; Vermutung 2 gründet in den sozialen Umständen und Kontexten, die das Handeln in Bahnen des Aufaddierens zwingt. Auch hier wird ein soziales Framing greifen, nennt man dann „nimmersatten Kapitalismus“; Vermutung 3bezieht sich auf in der Vergangenheit gespeiste Handlungsroutinen und Traditionen, die – meist unhinterfragt – wohl schon aus guten Gründen so sind, wie sie sind. Demnach handelt man nicht deshalb additiv, weil man sich das gut überlegt hätte und ein vorbildlicher Homo sapiens sein will, sondern weil man es einstmals so und nicht anders erlernt haben mag.
Und bezüglich Bloggen – was soll uns das sagen? Dass in diesem Blog diese finsteren mechanismen des nächstneusüchtigen Addierens wirksam am Werke sind bzw. sein werden. Der nächste Blogbeitrag kommt bestimmt. Durch innere Verlinkungen wird das Referenzgeflecht dichter, Verweise addieren sich auf, Einsichten, eventuell sogar richtiges Wissen wächst an. Ein Mehr und noch Mehr an Worten, Texten, bestenfalls an Sinn. Eine additive Anhäufung von Weltbegreifen! Hier ausgedrückt, in Worte gefasst, formuliert, expliziert[3]
. Das heißt dann aber auch …
Mit anderen Worten
Wenn du redest, muss deine Rede besser sein, als es dein Schweigen gewesen wäre.
Denn
Akugen no tama wa migaki-gatashi.
Der Edelstein böser Worte ist schwer zu schleifen.Japanisches Sprichwort
Oder wie Markus Reiter in der SWR2-Aula es verwissenschaftlicht als Die Drei Neurorhetorischen Grundregeln formuliert:
- Schreibe in übersichtlichen Sätzen und vermeide komplexe Wörter!
- Benutze anschauliche, konkrete Wörter!
- Verwende anschauliche Bilder!
Will ich das? Kann ich das? Das liest sich wie die Drei Roboter-Gesetze, formuliert von Isaac Asimov:
- Ein*e Neurorhetoriker*in darf keinem menschlichen Lesenden/Hörenden (sprachlich) verwirren oder durch Schweigen (nonverbal) zulassen, dass einem menschlichen Lesenden/Hörenden Verwirrung zugefügt wird.
- Ein*e Neurorhetoriker*in muss die ihm/ihr von einem Menschen übermittelten Worte/Texte anhören/durchlesen – es sei denn, ein solches Wortsolcher Text würde mit Regel eins kollidieren.
- Ein*e Neurorhetoriker*in muss ihren/seinen Sprachausdruck pflegen, solange diese Pflege nicht mit Regel eins oder zwei kollidiert.
Ist für Neurorhetorikroboter sprachlich dann nur noch Zutritt für Befugte erlaubt? Additivstmöglichste Tautologen, Pleonasten und Redundanzisten außen vor!
OHNE MICH! Freiheit fürs Sperrige! Blut und verdammte Asche –
das Rad webt, wie das Rad es wünscht! Einzuweben, was an Fäden da ist; einzufädeln in den Teppich, der schon da ist; sich und andere(s), bis hin zur dichten Beschreibung, die überzeugt. Zumindest mich als einziger Maßstab, den ich eichen kann.
So – damit hätte ich notiert, was in diesem Blog nicht vorzufinden sein wird, was ich nicht behandeln werde, wozu und worüber ich mich nicht näher werde äußern können. Kein Platz, keine Zeit … Wer es kurz haben will, nicht nach den Fragen sucht wie die Tuatha’an nach „dem Lied“ – all solche eigensinnigen Eigenbrödler müssen sich dann eben an die Antwort halten und sich damit bereits zufrieden geben. Guten Morgen!
EDIT vom 25.01.2022: Jaja, aus fernster Zukunft reise ich herbei und edittierte manch Formalia wie Absätze in den Text hinein, der textlich hingegen nicht berührt worden ist. Sonst käme es ja auch zu einem tempoliterativen Paradoxon, dass die Integrität des gesamten Blogs gefährden könnte😉
Zu Risiken und Nebenwirkungen von Blicken in den Spiegel: „Jeder Mensch ist wie ein Mond – er hat eine dunkle Seite, die er niemandem zeigt.“ (Mark Twain)
Und wer sich mit der Vorderseite dieses Blinden Flecks begnügt, könnte auch nur Dunkelheit erblicken: „Wir brauchen uns doch nur selber anzuschauen, um zu erkennen, wie intelligentes Leben sich zu etwas entwickeln könnte, das wir nicht unbedingt treffen wollen.“ (Stephen Hawking über Außerirdische und ihrer Art)
„Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.“ (Franz Kafka)
„Aut viam inventiam aut faciam! / Entweder finde ich einen Weg oder ich erschaffe einen!“ (Hannibal)
Doch bedenke: „Es ist eine gefährliche Angelegenheit, Frodo, wenn du zur Tür hinausgehst. Du betrittst die Straße, und wenn du nicht auf deine Füße achtest, so kannst du nicht wissen, wohin sie dich tragen.“ (Gandalf)
Unter uns: schon dieser Beitrag ist ein Prachtexemplar (oder abschreckendstes Beispiel) für additivste Addition. Da und dort gewollt, gezielt, beabsichtigt. Sonst überall jedoch von Höckschen zu Stöckschen, auch das noch mitgenommen, jenes auch noch eingepreist …
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