Hallo Mitwelt!
Bevor ATLANTIS02 erscheint, kurz vor Toresschluss noch meine letzten Worte zum Auftaktroman der Miniserie. Zu der ist – zumindest für Abonnent*innen der eBooks – mit „Wächter der Tiefsee“ eine kurze Vorgeschichte exklusiv erschienen, die konturiert, wo Perry und Sichu im ersten Roman dann doch hastig hineinstolpern. Derweil liegt dem Hörbuch leider der ATLANTIS-Kommentar nicht bei, auf den ich hoffte. Ohne weitere Worte dann mal geprüft, ob ich mich dieser Einschätzung anschließen kann: „Einer meiner Lieblingssätze: »Die Landschaft tat, als wollte sie Perry Rhodan erschlagen.«“ Worte vom Anfang Kapitel 9. [Coronabedingt und nicht etwa des Umfangs wegen Postingverzögerung um 1-2 Tage. Speedreader haben sicher Nr.02 bereits gelesen]
Zur Handlung
Fünf Wochen vor Miniserienstart fasste Der Herr der Hefte es so zusammen:
Was den Inhalt angeht, so erzählen die bisherigen Exposés und Manuskripte die Geschichte einer ungewöhnlichen Gruppe von »Helden«, die sich zuerst durch die Wildnis eines unerforschten Kontinents schlagen müssen, bevor sie ins All aufbrechen. Dort stoßen sie bald auf Gegner, mit denen sie nicht rechnen konnten, und erkennen, was der Grund für die bisherigen Ereignisse ist. Vor allem Perry Rhodan muss sich die ganze Zeit fragen, ob das, was er tut, in jedem Fall immer so ideal ist …KNF in seinem Blog
Ben Calvin Hary: „Im Land der Sternengötter: Am Vorabend einer Katastrophe – sie erreichen einen todgeweihten Kontinent“
Die Handlung setzt in der Gegenwart der Erstauflage, 2069 NGZ, ein, wo in in Atlans musealisierter Tiefseekuppel die Einweihung dieser Begegnungsstätte für Arkoniden und Terraner gefeiert werden soll. Nach einigen technischen Wacklern und Aussetzern erweist sich im Sockel der Kuppel eine Störquelle als ursächlich. Im Ausstellungsraum wiederum taucht inmitten katalogisierter Artefakte ein für Perry Rhodan unbekanntes Objekt auf, das Atlan als Talagon ebenso wiedererkennt wie die Arkonidin Rowena, mit der er es in Verbindung bringt. Beide anscheinend aus der Zeit gefallen, weshalb sie die Verfolgung der fliehenden Rowena aufnehmen, die just zur und dann durch die fragliche Quelle entkommt, nachdem sie Atlan möglicherweise tödlich angeschossen hat. Ihn auf sein Geheiß dennoch zurücklassend, das Talagon aber zurückzubringen, gehen Perry und Gattin Sichu durch den „Schrank nach Narnia“. Nur dass der „Schrank“ ein Temporaltransmitter gewesen sein muss und sich „Narnia“ zunächst als die Tiefseekuppel von 8005 v. Chr. anhand funktionierender, aber seit 13.00 Jahren vergangener Technik erweist. Man findet sich auf der Erde bzw. in den flachen Wassern vor der Küste von Atlantis wieder.
Sie landen an, treffen dort aber nicht mehr auf Rowena, die wie eine dem Meer entstiegene Rachegöttin mehrere arkonidische Bauroboter am Ufer zerstört hat, sondern auf die göttergläubige Atlanterin Caysey. Zwar hochschwanger, bietet diese den beiden Göttern, die nicht einmal Zauberer sein wollen, ihre Führung an, die sie in erster Quest zu Cayseys Dorf bringen soll. Nach drei Tagen dort angekommen, stellt sich allerdings heraus, dass hochschwangere Caysey nicht grundlos, sondern aufgrund eines Bannfluches aus ihrem Dorf entflohen war, weshalb es statt hilfreicher Aufnahme auch nur eisige Ablehnung zur Begrüßung gibt. Doch auch diese nicht nur deshalb, sondern weil Rowena ihrerseits aus der Gejagten zur Jägerin wurde und den drei Questenden einen Hinterhalt gestellt hat. Als Vertraute des planetaren Gouverneurs stehen ihr anscheinend Mittel und Wege zur Verfügung, die sie auch aufwendet, um die Beseitigung des Talagon, das Perry an einer Kette mit sich herumträgt, zu vollenden. Doch misslingt Rowena trotz Hilfe ihres beratenden Extrasinns auch dies, sie wird überwältigt und bleibt betäubt zurück, während das Trio talagonale die Quest zum nächsten Questort und -figur, einem verrückten Wissenschaftler, fortführt…
1. Kolonialherrliche Fremdbezeichnungen
Ein allerletzter Vorab-Gedanke – Wirklich! – dazu, dass Entdecker und Kolonisatoren freimütig zu benennen belieben, egal was und wie sehr es von Ortsansässigen längst benannt worden ist. So Atlantis und indigene Atlanter sowie Atlopolis als späteres Arkonis dem Kolonisator von Larsaf III zu Ehren, Goszuls Planet nach seinem Inbesitznehmer Mehandor-Patriarch Goszul. Unverschämte, infame, anmaßend sich aneignende Akte fremdherrschaftlicher Arroganz! Wenn sie diesseits unserer Geschichte nicht gang und gebe gewesen wären. Ich kann hier science fictional nur an Lems Lokaltermin erinnern, wo es phänomenal auf den Punkt gebracht wird. Als jüngst gehörtes Beispiel hingegen sei verwiesen auf Amonute bzw. Matoaka alias Pocahontas aka Rebecca – die Vielnamen derjenigen Häuptlingstochter der Algonkin im heutigen Virginia (USA), die entgegen mythoverklärender Disney-Verfilmungen schon vor ihrer Pubertät von den anlandenden englischen Siedlern vergewaltigt, dann als Faustpfand wider ihren Vater als Geisel gehalten, sodann nach England verschleppt wurde, wo sie als besagte Rebecca zwangsgetauft und -verheiratet als Vorzeige-„Edle Wilde“ herumgereicht wurde. All das nahm ihren Anfang in Jamestown (vormals: James Fort), den anfänglichen Hütten mit Palisade drumherum, am James River gelegen. Je benannt zu Ehren des englischen Königs James I. In Unkenntnis oder vielmehr Ignoranz lokaler Bezeichnungen durch die Algonkin. Nur wer besagten Disney-Film noch vor Augen und bei all dem Musical-Gesang noch im Ohr hat, kann jetzt mit der Realität abgleichen, in der der zwangsbeglückende Königstochterraub zum Gründungsmythos nur allzu oft dazugehört (hat?).
Und wo man sich kolonialherrlich dazu herabließ, sich der lokalen Namensgebung zu befleißigen – wie im Falle von Machu Picchu -, hat man offenbar nie richtig hingehört… 😀 Huayna Picchu die nachsichtlich wohl gebräuchliche Bezeichnung der berühmten Inka-Stadt. Merke: Entdecker und Kolonialherren sind in der Beschreibung der Welt echte Nullen! Genau wie Ijon Tichy, der den Vergnügungssatelliten von der mit der Hauptwelt Entia allen Ernstes verwechselt hat…
2. Déjà-vu des Anfangs
Dem Anfang liegt ein Zauber inne – oder aber ein Déjà-vu: das nicht im engen Sinne des Wirklich-Gleichen, aber des Merklich-Anverwandten, was den Auftakt angeht: der Hauch der Erinnerung geht ins letzte Jahr zurück, als die achte Miniserie: WEGA wie stets zwölfbändig erschienen ist. Und Heftroman 01 beginnt insofern auffallend ähnlich, als dass man sich auch zu Feierlichkeiten einfindet. Hier ein Sonnensystem weiter, im gleichnamigen Wega-System der Ferronen, wo einst die Spur durch Raum und Zeit des (Ersten) Galaktischen Rätsels bis zur Heimat- und Ankerwelt der Superintelligenz ES und zur Unsterblichkeit führte. In Gedenken der damals – ab 1976 n. Chr. – zusammenführenden Zeiten, des bis heute andauernden Bündnis zwischen Ferronen und Terranern hielt der Tort, lokaler Machthaber königlicher Art, ein Fest in seinem extra museal nachgebauten Palast ab. Doch dann überschlagen sich auch hier die Ereignisse, statt bloß technischer Wackler und störstrahlender Temporaltransmitter bricht hier eine feindlich gesinnte Flotte über die Feiernden zusammen. In wilder Flucht entkommen – ebenfalls paarweise – die Terraner in realitätsgewordener Nostalgie durch Transmitter nicht im Sockel, aber in den Kellern des Palastes. Die einen schleudert es auch temporal durcheinander, die anderen wohl nur durch unbekannte Räume. Von da an wird alles anders, so wird Perry bspw. durch einen höchst unangenehmen, mordbübischen „Bastardprinzen“ verfolgt und hat nichts in Händen, das er wem auch immer zurückbringen sollte. Hier endet das Déjà-vu!
Es beginnt beide Male nostalgisch, an Orten, zu Anlässen des besinnlichen Feierns der guten alten Zeiten und oller Schicksalsgenossen zu Ehren, um dann ins Katastrophische handlungshineinsaugend zu kippen… Damit liegt auch die Perry Rhodan-Serie im Trend der Zeit, sich der Nostalgie zu bedienen. In den Mikrokosmen der Miniserien lässt man Retrotopien im neuen Gewand auferstehen, die die Allesimmerschongelesenhabenden und sich stets präzise ausweisenden Altlesenden wonnig aufseufzen lassen. Diese Art erzählender Miniserien als ‚Stammesfeuer der Leserschaft‘, an der sich auch Neulinge wärmen und sogleich vom Altguten hören können. Doch die Erzähltradition seriengewordener Mythen (Galaktische Rätsel/Unsterblichkeit, Atlantis, ???) werden sogleich auch entzaubert, da an die altgedienten Orte Fremdneues gelangt und es in der altbekannten Struktur erschüttert, aufbricht, durcheinanderwirbelt. So durchwandern wir ja kaum ein Kapitel kurz statt auch nur ein Heftroman lang die musealen Orte als Horte der Erinnerungen, folgen weder dem ferronischen Tort noch beuteterranischen Atlan in ihrem herausgeputzten Wandelgängen durch die alte / miterlebte Geschichte. Kaum ein paar warme Worte der alten Zeiten wegen zu lesen / hören, endet die Gemütlichkeit und aus Nostalgie wird Provinienznachforschung in mitnahmementalen terranischen Anfangszeiten. Und die Humboldt-Foren des Perryversums müssen ihre erinnerungskulturellen Sammlungen neu oder erstmals ordnen und sich den ‚Geistern der Besammelten‘ stellen. So gelesen, sind die Miniserien motivisch topaktuell auch in dieser Hinsicht. Sie greifen Serienvertrautes auf, um es aber zugleich zu aktualisieren. ‚Progressive Nostalgie‘, wenn man so will. „Zurück in die Zukunft“, wie man es nennen müsste, wäre die Assoziation nicht schon besetzt. Anderswann mal näher zu beleuchten und entlang aller neun Miniserien durchzudeklinieren. Zu vermuten, das sich gewisse Spannbreiten bei den ‚Prostalgien‘ erweisen, wie weit der serieninterne Mythos zurückliegt und ob sich das Ergebende aus der Miniserie als im Weiteren mythoserweiternd etabliert oder doch nur eingekapseltes Mikronarrativ bleibt. Eine mythomotorisch eher warme Option, den Serienmythos durch fortschreibende Wiederholung in Erinnerung zu halten, in seinem Kanon-Status zu bestätigen sowie ihn eben doch zeitgemäß anzupassen. Damit wären wir nur zu passend bei einem …
3. Futurchronismus – narrative Chronoferenzen
…Futurchronismus, wie ich es ungelenk auf den Begriff bringen will. Abgekupfert von Anachronismus, wo in ersonnener Zukunft Altbestände wie aus der Zeit gefallen vorkommen. Mein Futurchronismus sollen aus der Zukunft zurücktransferierte Objekte meinen, die in der (Handlungs-/Serien)Vergangenheit futuristisch deplatziert, zu zukünftig erscheinen.
So sehr nach obigen Überlegungen sich reproduzierter Serienmythos und adaptive Fortschreibung in den Miniserien die Klinke in die Hand geben, so sehr prallen damalige Erzählwelten und -weisen der 1960er Jahre mit den heutigen Erzähl- und Schreibstilen zusammen. Diese bedienen sich auch zusätzlich noch zum Teil enorm anderer Figurenkonstellationen zum Bevölkern der Handlungswelt, wie sie damals unüblich waren. Konkret: Frauen! Dann und wann die eine oder andere, aber in damaligen Frauenbildern ausgemalt. Bestes Beispiel Perry jetzige Partnerin Sichu, die trotz Heirat bspw. ihren Nachnamen Dorksteiger ohne Anfügung von Rhodan beibehalten hat, schon demnach also sehr eigenständig geblieben ist. Das lohnt sich mit Rhodans vorigen Frauen abzugleichen (Thora Rhodan da Zoltral, Mory Abro-Rhodan), die nicht halb so zahlreich sind wie die Atlans, die aber selbst nach ganz anderem Beginn immer als ‚Frau an Rhodans Seite‘ endeten. Auch da, wenn denn überhaupt erwähnt, geschweige denn als Handlungsfigur tragend. Das hat auch an einem Mangel an Autorinnen gelegen, wo daher ausschließlich Männer die längste prägende Zeit für Männer und an Männer geschrieben haben. Darum geht es mir in diesem Abschnitt zwar gar nicht, aber hervorhebenswert wichtig ist es dennoch. Denn die Mythen werden allein dadurch schon aktualisiert, indem nun Frauen die ‚Mythenwelt‘ bevölkern in zuvor nicht gehabter Quantität, vor allem aber handlungsrelevanter Qualität.
Mir geht es aber um Folgendes: Hologramme! Sie kommen in ATLANTIS01 gleich mehrfach vor. Richtigerweise in der anfänglichen handlungsgegenwart, wo sie längst etabliert sind. Auch nachvollziehbar im Rahmen von Omen 4, wo mutmaßlich ohnehin höhere Mächte am Werk und involviert sind, für die dreidimensionale Hologramme das Geringste an technischer Spielerei sein dürften. Bis hierhin alles im Lot. DANN ABER: Hologramme tauchen selbstverständlich im Einsatz auf und zwar an Orten und vor allem Zeiten, dort und dann es gemäß Serienkanon, laut der originalen Heftromane keine Hologramme gegeben hat. Ich höre zur Zeit den für viele legendärsten Meister der Insel-Zyklus nach, Heftromane 200-299 bzw. Silberbände ab Nr. 21. Da sind wir im Handlungsjahr ab 2400 n. Chr., gut 400, fast 450 Jahre nach dem Aufbruch der Menschen ins All (1971). Seither haben sich die Terraner – man muss es so deutlich sagen – alles entliehen und herbeigeklaut, was an Technik herbeizuholen war. Doch auch nach 400 Jahren terranischer Technikentwicklung gibt es immer noch nur Bildschirme und zwar flache ohne auch nur effektheischende Wölbungen. Das Beste, woran man geraten kann, sind Panoramabildschirme, die rundherum laufen und so in ihrer Zweidimensionalität den sich drehenden Betrachter wenigstens eine 360° Perspektive bieten. Das ist jedoch das höchste der optischen Gefühle, derweil Antriebe, Defensiv- und Offensivwaffen zyklusweise anschwollen. So kann man bspw. innerhalb kürzester Zeit die Reichweite des Überlichtantriebes von 0,6 auf 1,0Mio. Lichtjahre vergrößern, um technisch einwandfrei die Kluft zwischen den beiden Galaxien Milchstraße und Andromeda zur Hälfte zu überbrücken.
Und wenn wir in die Anfangszeit der Serie, Zyklus01 Die Dritte macht, zurückgehen: das arkonidische Reich liegt am Boden, seine hegemoniale Bevölkerung ist degeneriert und zur Regierung des Sternenreiches gar nicht mehr imstande. Dennoch ist als letzter Akt technischer Innovation radikaler Art das bis dahin größte Raumschiff der Flotte, um 8.000 v. Chr. wider die „Methans“ entwickelt, ein 800m durchmessender Kugelriese [IMPERIUM- bzw. Ark. TUSSAN-Klasse] noch um die Testbauten zweier Überriesen ersetzt worden: fast doppelt so durchmessende 1500m Kolosse, die – by the way – die Terraner sogleich zu ‚entleihen‘ verstanden. Nicht von 800 auf um 25% gigantomatisierte 1000m Kugelgiganten vergrößert, nein, man quantenspringt exzessiv. Derlei ist möglich, aber Bildschirme auch nur mit 3D-Effekt sind undenkbar, keinmal beschrieben, nicht mal mit schlecht sitzender Brille visualisierbar.
Dabei hätte sich schon von Heft0001 an ein Hologramm angeboten: so beschleunigte sich die Degeneration der Arkoniden noch durch sog. Fiktivspiele, deren süchtig machender Gebrauch ganze Raumschiffsbesatzungen an aktiver, zielführender Tätigkeit abhält, während sie paramechanisch ihre Gedanken in Form abstrakter Symbole und eigenwilliger Klangkompositionen ausdrücken. Das ausdrücklich aber auf Fiktivspiel-Bildschirmen, zu mehr es trotz der zugrunde liegenden Technik nicht gereicht hat. Diese Fiktiv-/Simulatorspiele und ihr degeneratives Suchtpotenzial nehmen schon ab dem 08.09.1961 alles vorweg, was im Laufe der Jahrzehnte gegenüber Computerspieler*innen vorgebracht worden ist – eskapistische Realitätsflüchte mit Suchtfaktor. Einzige Ausnahme einer 3D-Simulation ist das buchstäblich einmalige Observatorium der Oldtimer auf Impos, das die Milchstraße in beeindruckender Genauigkeit dreidimensional simulierte, bevor es bald nach der Entdeckung auch schon wieder zerstört war. Laut Perrypedia ist erst mit Heft 953 aus dem Realjahr 1979 und dem Handlungsjahr 3587 n. Chr. ein Hologramm ersterwähnt und eingesetzt worden – 18 Real- und fast 1600 Handlungsjahre nach Serienstart.
Doch in ATLANTIS kommen Hologramme im Regierungssitz, wo Rowena bestimmmächtig ein- und ausgeht, genauso selbstverständlich vor wie in den ersten drei Omen, die vermeintlich genauso in identischer Vergangenheit angesiedelt sind. Kanonisch ärgert mich das ungemein, ist aber andererseits voll und ganz nachvollziehbar, wieso man hier – meines Erachtens – Fünfe gerade sein lässt. Denn gerade wegen obig skizzierter technischer Quantensprünge Zyklus für Zyklus, wie bezüglich Antriebe und Waffen aller Art jederzeit möglich, ist es derart wirrsinnig, diese Art astronavigatorisch und noch mehr militärisch nützliche Technik nicht auch erfunden zu haben. De facto haben die Gründer der Serie sich intergalaktische Weiten, Raumschlachten zigtausender Kampfraumer, Zeitreisen und so vieles mehr imaginieren können, nicht aber so viel alltagsnähere Technik. In unserer breiten Gegenwart sind seit AVATAR im (Heim)Kino 3D-Effekte längst möglich, wenn auch weiterhin nicht wirklich etabliert; lassen sich sogar Wärmedisplays zur taktilen Simulierung von 3D-Strukturen startuppen. Weil unsere Realität in solchen ‚Details‘ sich derart enorm weit über damalig perryversal als möglich Denkbares hinaus entwickelt hat, wäre eine 8.000 v. Chr. spielende Miniserie unfassbar anachronistisch und oldestschool, wenn sie von hyperschnellen Raumschlachten und planetaren Besiedlungen über Lichtjahrtausende hinweg berichtet, aber noch halb analog mit Lochkarten und verpixelten Röhrenbildschirmen arbeitet. Alle Neuleser*innen wären entsetzt und verstünden vermutlich gar nicht, worum es da geht, ob das Science Fiction oder Ulk sein soll. Man schreibt fürs gegenwärtige Publikum, egal wie viele altgediente Stammleser*innen darunter sind. Da bedarf es mancher Zugeständnisse. Wir kommen seit Jahrzehnten zwar nicht mehr bis zum Mond, basteln aber an Quantencomputern und Quanten-Memristoren, haben es zu 8k Bildschirmen geschafft und können mindestens per Brille selbst daheim 3D simulieren; von Virtualisierung per Gockel Glass & Co gar nicht erst zu reden. Aber von sich eingenommene arkonidische Imperialisten bedienen bloß analog-mechanische Steuerpulte, reichen Lochkarten händisch zu Verarbeitungsmodulen weiter und müssen per Schalter manuell Bild und Funk umständlich zuschalten. All das WAR Standard zu Serienbeginn, ließe sich bei aller Nostalgie aber nur noch an ein Häuflein rigorosester Minimalpuristen verkaufen.
So kommt es zu ’narrativen Chronoferenzen‘ (analog zu physikalischen Interferenzen), wo sich innerhalb der Erzählung (=narrativ) ungleiche Zeiten überlagern, erzähltektonisch ineinander übergehen und sich gegenseitig verschieben. Da drängen intradiegetische (Wirkmächte innerhalb) und extradiegetische (Wirkmächte von außerhalb der Erzählung) ins Geschehen und beanspruchen je eigene Zeitlogiken. Wer will, kann bei Star Trek DISCOVERY nachschauen, die wirrsterweise 10 Handlungsjahre vor gründungsmythischer TOS-Serie (Raumschiff Enterprise mit Kirk, Pille und Spock) spielt, rund 50 Realjahre nach erster Star Trek-Serie mit modernsten Tricktechniken inszeniert, was mit Röhrenbildschirmen damals unzeigbar war. Dem Prinzip nach ein- und dasselbe Problem, nur um den visuellen Faktor nochmal potenziert. Bei uns hier geht es nur um angelegentliche Erwähnungen schriftlicher Art, die man sich nach Belieben vorstellen kann. Daher: bei aller unwilliger Irritation. Jaja, holographiert meinetwegen die alten analogen Zeiten, wie es narrativ passt!
4. Das Arkonidische – eine herrschaftliche Sprache
Nach so grundsätzlichen Überlegungen jetzt eine Randbeobachtung, die zugegeben nichts zur eigentlichen Handlung beiträgt, mir aber mit Interesse auffiel. Nachdem Rowena dem Meer entstiegen und auf Caysey getroffen war, reden beide miteinander. Und mit dem Hochmut einer privilegierten Arkonidin gegenüber einer Wilden stellt Rowena für sich fest: das Arkonidisch habe weniger Kasus als das Atlantische. Und das denkt sie, nur so kommt es bei mir an, als wäre das ein Unding und spräche gegen die Sprache der Atlanter. Noch so randständig linguistische Einschübe gibt es in der Perry Rhodan-Serie so gut wie nie, schlicht weil kein Sprachprofessor Tolkien perfektionistisch mitschreibt. Anderes steht im Vordergrund, nicht ein linguistic turn, obwohl es da spannende sprachliche Verwandtschaftsbeziehungen gäbe. Im Laufe der Zeit ist dann doch ein gewisser Duden des Arkonidischen bzw. Satron =Ark. für: Same Arkon Trona =Hört Arkon Sprechen zusammengekommen, wobei primär nur lexikalisch, also als losgelöste Vokabeln; sehr wenige Sentenzen, die wohl kaum die regulär gebräuchliche Grammatik widerspiegeln. Daher umso interessanter, wenn dann doch eine Aussage hierzu gemacht wird. Da ich kein Linguist bin, kein Arkonidisch aus dem Ärmel erfinden könnte, kann ich jetzt höchstens sprachsoziologische Ideen äußern, was weniger Kasus bedeuten. Eine schnörkellosere Sprache, die ohne viele Wenn und Aber nicht umständlich herumdekliniert, sondern mit imperial-militärischer Schnittigkeit auf den Punkt kommt. Eventuell eine grammatikalische Eigenheit dieser Zeit, die derart militärisch durch dem „Methankrieg“ bis in die Tiefenstrukturen der Gesellschaft geprägt ist. Offen bleibt allerdings, ob es sich um das Satron als Lingua Franca des Tai Ark’Tussan handelt, der Verkehrssprache als Satron-I, oder der Hofsprache der Adligen als Arkona-I. So wie Rowena auftritt und rüberkommt, zählt sie nicht zu Hofadligen, befindet sich ohnehin auch an keinem Hof, sondern bei Caysey am Strand. Gehen wir daher von Satron-I aus, das im Sprachkontakt nicht nur mit humanoiden Völkern und arkonoiden Sprechapparaten zum Einsatz kommt. Das müsste daher ohnehin ziemlich flexibel einsetz- und anwendbar sein und kann sich gar keiner schwer aussprechbaren Schnörkel zur Zierde bedienen. Dies umso mehr, da dies dem Hofadel obliegt, dieser sich durch feine Sprachunterschiede vom einfachen Volk und erst recht Kolonialarkoniden oder gar Fremdvölkern distinktiv absetzt. Der Ton macht die Sprachmusik.
Worüber sich Rowena jedoch nicht verwundert, verwundert mich. Erst recht, da sie doch einen Logiksektor als Extrasinn hat. Ein paar Kasus weniger beim Arkonidischen bzw. mehr beim Atlantischen – schön und gut. Aber das sind doch marginalste Unterschiede, die als Ausnahme der Regel nur umso supernovaheller machen: das klingt doch erschütternd verstehbar. Wie kann das sein? Eher actionorientierte Rowena hat hier keinerlei ethnologisches Interesse. Was außer Perry Rhodan und Sichu Dorksteiger als Hinzukömmlinge aus der Zeit niemand wissen kann: das Atlantische ist eine postapokalyptische Form des Lemurischen, Lemuu, der Sprache des Volks der Lemurer, die nahezu 40.000 Jahre zuvor auf der Erde lebten, die damals noch Lemur geheißen hatte. Perry wiederum kontaktiert Caysey auf Tefrodisch, das für sie komisch klingt, aber verständlich ist. Die Tefroder als Sprechende des Tefrodisch wiederum sind lemurische Auswanderer, genauer gesagt Flüchtlinge aus der Milchstraße nach Andromeda gewesen. Mit leichten Abweichungen vom ursprünglichen Lemuu entstand das Alt-Tefroda, das sich im Weiteren zum Tefroda, wie es dann zu obig erwähnten Zeiten der Meister der Insel gesprochen wurde.
Kurzum: wir haben hier en masse Abstammungslinien von den Lemurern als auch deshalb so genannter Ersten Menschheit, aus deren Sprache sich wiederum zahlreiche Dialekte, sodann eigenständige Sprachen entwickelten. Wenn daher sowohl Rowena – mit noch so viel Herablassung – und dann auch Perry mit ungeschulter Atlanterin Caysey gut kommunizieren können, ist das mal kein billiger Trick, kein ‚deus ex lingua‘: Es klappt, weil es muss… Das ist perryversal vielmehr sehr gut nachvollziehbar und ist entlang lemuridischer Verwandtschaften sogar sehr gut bedacht. Nur zu schade, dass trotz dieser grundsätzlichen Festlegungen und einiger rudimentärer Wortschätze keine der perryversalen Sprachen je wie das Klingonische oder Sindarin kunstversprachlicht wurde/werden konnte. Bin zwar so gar nicht sprachenbegabt, wäre dennoch nur zu interessiert! Falls das für jemanden Motivation ist…
Es heißt immer nur, alle post-lemurischen Sprachen zeichneten sich durch Lautverschiebungen aus, ohne dass es dafür gute Beispiele gibt oder ich sie aus den kleinen Wortschätzen herauslesen könnte. So gibt es für die Atlanter*innen das mythische Wesen Vrutu, das im Alltag eine religiös orientierende Rolle spielt. Rowena wiederum kennt nur Vratu, das/der ein Mythenwesen des Arkonidischen ist. Jetzt war ich mir haluterfest sicher, dass dem so ist, Vratu eine Art Drache sein soll, finde in der Perrypedia jedoch nichts hierzu. So oder so, eine Laut- als Vokalverschiebung von u zu a hat stattgefunden, lässt sich Verwandtschaft noch durchhören. Doch während Vrutu wirklich alltags- und handlungsrelevant ist, ist Vratu nur noch Popkultur, die für Traditionalisten noch von Bedeutung sein mag.
5. Das Talagon oder Talanis, Kontinent der Schmetterlinge
Das Talagon – das Geheimnis schlechthin der Miniserie. Ich habe keinerlei Ahnung, was es und von wem es ist. Der Beschreibung nach ähnelt es VERDÄCHTIG einem Zellaktivator / Zellschwingungsaktivator alter Prägung: ein eiförmiges, ähnlich großes Gebilde, das am Körper getragen das tragende Lebewesen relativunsterblich macht. Inzwischen längst durch Zellaktivatorchips (ZAC) ersetzt, die am Schlüsselbein eingesetzt und weniger leicht zu entwenden sind. Aber das Talagon solle sich öffnen lassen können, wenn denn eine passende Energiesignatur zugegen sei. Das ist für einen ZA niemals vorgesehen, da wird nichts geöffnet. Demnach scheint das Talagon eher eine Kapsel als Informationsspeicher o.Ä. zu sein. Nur von wem? Etwa von dem ‚Expeditionsleiter‘ mit reichlich schlechter Laune aus Omen 4? So wie seine Wut und persönliche Motivation vor Ort geschildert wird, wurde ihm das Teil entwendet. Nur von wem das wiederum? Die Szenerie von Omen 4 gemahnt für mich an einen Raumer der Kosmokraten, an eine Kobaltblaue Walze – mit eines der allermächtigsten Schiffe im Universum Oo Damit würde man aber ganz ins oberste Regal perryversaler Kosmologie greifen, um die Erzählung zu fundieren. So wichtig war Atlantis und das Geschehen dort, dass sich höchste Wesenheiten einfinden? Denn ein Auftrag wiederum höherer Herren hat den zornigen Talagon-Sucher dorthin entsendet. Rätselhaft!
Und Perry erwähnt DIE Assoziation, die bei Talagon plus Atlantis aufkommt: Talanis, die Insel der Schmetterlinge. Doch damit führte die Spur unendlich weit zurück, bis in die frühe Zeit der Superintelligenz ES im 18. Jahrmillion Before Present! Ich hatte letzte Mal zwar wildwüst spekuliert, ob nicht etwa Tonth, der Atlan überhaupt erst ins Larsaf-System rief, alles auslösender Sendbote von ES sein könnte. So wenig es auch nur Indizien hierfür gibt – Sherlock Holmes wäre entsetzt 😀 -, könnten die Verstrickungen in ATLANTIS Jahrmillionen umspannen. Fakt ist, dass Gegenwarts-Atlan das Talagon erkannt und Perry zu seiner Zurückbringung beauftragt hat. Das könnte er nicht, wüsste er nicht um es. Daher nehme ich an, dass alle Wege weiterer Handlung zu Atlan führen, der es entgegennehmen muss. Nur darf er das weder von Perry noch Sichu ausgehändigt bekommen, da er mit fotografischem Gedächtnis und triggernden Extrasinn sich sonst 2040 n. Chr. an Perry hätte erinnern müssen, als sie sich begegneten. Zeitparadoxa, diese verfluchten!
6. Die homodiegetischen Damen
In Sie-Perspektive erfahren wir von den beiden homodiegetischen, handelnden Figuren, die für Perry und Sichu von großer Wichtigkeit sind. Für Caysey fürchte ich aber, dass sie figürliches Mittel zum Zweck bleibt, auf Zeit wichtig ist, um als mutmaßliche Empathin, ggf. sogar Telepathin zugunsten Rhodans einzugreifen. Sie kann gleich einem Orakel Vor-Wissen erlangen, dass sich die zeitgestrandeten zu Nutze machen können. Ihre Rolle wird so beschrieben:
Aus einem Stamm von Menschen, die auf dem Kontinent Atlantis siedeln, kommt Caysey. Die mutige junge Frau wird nicht unbedingt aus freiem Willen in die Geschehnisse hineingezogen. Als jemand, der buchstäblich aus der Steinzeit kommt, muss sie sich mit moderner Technik, mit Robotern und Raumschiffen etwa, auseinandersetzen …Drei weibliche Hauptfiguren
Vielleicht täusche ich mich aber auch. So ist ihre Schwangerschaft zum Beispiel auffallend exponiert, erst recht wie leichtfüßig sie sich trotzdem durchs Gelände bewegt. Was für ein Kind das wohl wird? Und von wem?
Demgegenüber Rowena, die mir schon qua Rolle und potenziellen Kompetenzen – wenn sie denn mal emotionsärmer auf ihren Extrasinn hören würde – wesentlicher erscheint. Sie ist es, die das mysteriöse Talagon ‚entsorgen sollte – wer auch immer ihr den Auftrag gab und wieso sie sich nicht nachhaltiger darüber wundert, wo sie kurzzeitig jenseits der ‚Zeittür‘ gelandet war. Für wen sie da die Entsorgerin gespielt hat, dürfte noch entscheidend werden. Ich vermute, dieser abgelegen hausende, als verrückt beschriebene Wissenschaftler wird da seinerseits maßgeblicher Mittler sein. Ihre Rolle wird im Übrigen so skizziert:
Ein ganz neuer Charakter ist Rowena. Die Arkonidin, über die man anfangs nichts weiß, erweist sich schnell als die Person, die alle weiteren Ereignisse auslöst. Von Perry Rhodan wird sie als Gegnerin betrachtet, weil sie sich auch so verhält – aber welche Gründe bewegen Rowena eigentlich, den Terraner so erbarmungslos zu jagen?Ebenda
Doch anderes finde ich vorerst interessanter: sie kann ein- und ausgehen beim lokalen Gouverneur, der nicht Atlan ist, dem sie als schweigsame graue Eminenz aber manipulativ zu lenken versteht. Offensichtlich, weil er ein gieriger Lüstling ist, den sie schamlos lockt, was für einen Typen wie ihn schon zu reichen scheint. Dass sie wiederum Extrasinn-Trägerin ist, zeichnet sie als arkonidische Elite aus, da größtenteils nur „reine Arkoniden“ aus hohen Adelshäusern sich die Prozedur leisten können. Dass sie dann jedoch nicht in hohem, offiziellem Rang und auch noch abseits von allem tätig ist, fällt auf. Am Wichtigsten aber ihr beiläufiger Gedanke, dass sie vor 20 Jahren in Diensten und auf der Seite von Orbanaschol gestanden habe. Orbanaschol, seines Zeichens der Dritte seines Namens, Imperator über das Tai Ark’Tussan von 8040 bis 8020 v. Chr., Usurpator, Mörder seines Halbbruders, der als Gonozal VII. Vater von Atlan gewesen ist!!! Davon erzählt der Atlan-Zyklus: Der Held von Arkon, den es als die Jugendabenteuer auch in Buchform der Blaubände gibt. Sie erzählen davon, wie der kleine Atlan gerettet werden kann und als junger Mann die Rückeroberung des Throns erzwingt. Einen Thron, den er dann seinem Oheim anvertraut, der als Gonozal VII. weiterregiert, während Atlan Kristallprinz bleibt und Flottenadmiral wird. In dieser Konstellation gelangt Atlan nach Larsaf, etwa 20 Jahre nach der Niederschlagung der Usurpation. Und jetzt ist eine Putschistin wider Atlans Vater quasi ‚am Hofe des Kristallprinzen‘, auf dessen höchst eigener Insel-Welt??? Allein das ist schon auserzählenswert genug. Doch sie ist dann noch zutiefst verwickelt in die Causa Talagon, worauf eines der Omen auch nochmal explizit hinweist. Als gäbe es da eine Verschwörung, Machenschaften, die in Atlans Rücken (oder ggf. während seiner Abwesenheit von Larsaf?) gesponnen werden. Ob Doppelgänger oder nicht, dass sie freimütig auf Atlan schießt, ihn der Beschreibung nach tödlich verletzt, scheint so unmöglich nicht.
7. Ein erstes Fazit von Zwölfen
Längste Rede, trotzdem ein Sinn. Wie finde ich es denn jetzt? Gut! Ein assoziationsprallgefüllter Erstling, in dem man schon fast zu viel zu entdecken GLAUBT, was auch Spuren in Zeitraumfallen sein könnten;-) Zeitweise dachte ich beim Lesen, wir wären in einem Paralleluniversum, vor allem die ersten drei Omen danach klangen. Atlan tot?? Gefallen im Methankrieg? Kann nicht sein! Pure Propaganda oder Stille Post in den Nebeln des Krieges, wo jemand ggf. nur zu gerne glauben will, dass dem so sei. Doch der Flottenadmiral kommt vor, so viel ist geklärt. Wer die ‚Talagonisten‘ rund um Rowena sind, erahne ich nur vage anhand der Erwähnung von Orbanaschol. Sich rächende Rache, eine Halbbruderfehde über den Tod hinaus, als wären wir in einer isländischen Saga. Und wer da Larsaf III. anfliegt – rätselhaft. Gespottet habe ich in der Handlungszusammenfassung ja schon, dass es doch arg wie eine Rollenspiel-Quest anmutet, wo man purzelbäumig in die Handlung stürzt, um vor Ort – Atlantis – vorerst lang- und umwegig herumzulaufen in der Hoffnung auf weiterhelfende Questfiguren. Doch wie anders machen? Agatha Christie gleich alles in einem Raum / Gebäude stattfinden lassen? Denkbar gewiss – nur dann hätten wir die Unterseekuppel nie verlassen brauchen, die sich dafür optimal angeboten hätte. Questhelfer halten sicher zahlreich Domizil in der Festung Arkonis, wie Lucy Guths Erstbeitrag zur Serie in schöner Reminiszenz lautet. Doch inwieweit ist Arkonis, die atlantische Hauptstadt der Arkoniden eine Festung? Festung zum Schutz, zur Verteidigung und zum Abhalten von wem? Ein paar edlen Wilden der Entwicklungsstufe A-3, bloßen „unterentwickelten Kreaturen“? Wohl kaum. Ich bin gespannt wie ein Zen-Bogen…
Epilog: Weitere Hintergründe – eine allererste Spur
Folgendes zugegeben nicht mehr präsent gehabt, falls ich es je so bewusst erlesen hatte. Aber Atlantis wurde nicht in vielzitiertem Heftroman 60 Festung Atlantis ersterwähnt, sondern hatte einen Vorgriff bereits im Heftroman
Die Venusbasis: „Sie erreichten die Venus und stießen auf ein Geheimnis, das älter als die Menschheit war…“ Zur Handlung: nachdem erste außerirdische Gegner (Fantans, Individualverformer) abgewehrt werden konnten, nahm „die Eroberung des Alls“ Fahrt auf, der erste Flug der Menschheit über die Mondbahn hinaus gen Venus stand an. Dort jedoch unverhofft von einer „Venusbasis“ und vermeintlichen lebenden Gegnern zur Landung gezwungen, kämpfen sich Rhodan und BegleiterInnen bis zum Stützpunkt vor, der sich als Standort der Venuspositronik und ihrer exekutiven Roboter erweist: „Der »Kommandant« – Seit 10.000 Jahren erfüllt er seine Pflicht, ohne müde zu werden.“ Wie es gut bestromte Technik zu tun pflegt;-) Und sobald die „Venusbasis“ eingenommen werden konnte, der Mensch Rhodan statt des Arkoniden Crest als Kommandant Anerkennung gefunden hatte, erfahren die staunenden Menschen und irritierten Arkoniden die Geschichte dieser arkonidischen Hinterlassenschaft:
„Dieser Stützpunkt“, begann Crest, „ist nach Ihrer Zeitrechnung etwa zehntausend Jahre alt. Nach der Geschichte des Galaktischen Imperiums stammt er aus der Periode der ersten Kolonisation. Die Kolonistenflotte, die sich auf diesem Planeten niederließ, hatte ursprünglich ein anderes Ziel. Sie unterbrach ihren Flug, weil den Kolonisten der dritte Planet dieses Systems ein erstrebenswerterer Hafen zu sein schien als die Welt, die man ihnen nach den arkonidischen Sternkarten zum Ziel bestimmt hatte. Da sich jedoch beim Anflug herausstellte, daß der dritte Planet – Ihre Erde! bewohnt war, landete die Flotte zunächst auf der Venus und bereitete die Besiedlung der Erde von dieser Welt aus vor. Dabei entstand, gewissermaßen als Ausweichstation, die Festung, in deren Innerem wir uns jetzt aufhalten. Die Arkoniden – die Chronik spricht von zweihunderttausend – besiedelten auf der Erde einen Kontinent, den es nach meinem Wissen heutzutage nicht mehr gibt. Er bildete damals, vor zehntausend Jahren, den Überrest eine Landbrücke zwischen den afrikanisch-europäischen und den amerikanischen Landmassen. Das Kolonistenreich war jedoch nur von kurzer Dauer. Sie werden sich über die Ursachen der Katastrophe, die das Reich vernichtete und die gesamte Erde in Mitleidenschaft zog, später in Einzelheiten informieren können. Auf jeden Fall entgingen nur fünf Prozent der Arkoniden der Katastrophe und kehrten zur Venus zurück. Sie berichteten über einen Angriff Unsichtbarer. Es ist klar, daß sie damit nur persönliches Versagen entschuldigen wollten. Damals verfügte der Venusstützpunkt noch über eine halbe Flotte raumtüchtiger Fahrzeuge – raumtüchtig in dem Sinn, daß die Schiffe fast ohne Zeitverlust jede beliebige Entfernung zurücklegen konnten. […]Crests Erklärungen Rhodan und Co gegenüber in PR0008 Die Venusbasis von Kurt Mahr
Genauer gesagt, zitiert nach Silberband 002, der Hardcover-Buchzusammenfassung der Heftromanserie mit angelegentlichen Anpassungen. Denn im originalen Heftroman sowie der regulären ebook-Version (der sog. 6. Auflage) waren diese beiden Sätze NICHT schon enthalten: „Sie berichteten über einen Angriff Unsichtbarer. Es ist klar, daß sie damit nur persönliches Versagen entschuldigen wollten. “ Im Wissen um Atlans Erinnerungen an interplanetare Raumschlachten mit den Druuf aus vielzitierter Nr. 60 Festung Atlantis ist dieses Foreshadowing für SiBa-Leser*innen eingefügt worden, wovon man zur Realzeit des zugrunde liegenden Heftromans noch nichts wusste. So hat man mitunter Kreise geschlossen, die ursprünglich offener angelegt waren.
So oder so faszinierend, dass und wie Exposé-haft präzise schon stolze zweiundfünfzig Hefte und ergo exakt ein Realjahr zuvor der Mythos bereits in die Serie noch überlesbar eingeflochten worden ist. Damaliger Kommandant arkonidischer Kolonisierungsbemühungen, Atlan, noch ungenannt; der Rest ist in dieser Kürze präzise angelegt. Umso verwirrender für mich, dass ich es nicht präsent hatte, hierhin nicht meine erste Assoziation (unbetreut) führte, da ich SiBa002 schon mehrfach hörte; außerdem Rhodan auf Crests Bericht hin Atlantis für sich doch noch beim Namen nennt:
Rhodan war von dem Bericht als solchem weniger beeindruckt. Was ihn ruhig und beinahe andächtig machte, war die Tatsache, daß hier – aus den Überlieferungen einer außerirdischen Intelligenz – zum erstenmal ein Hinweis auf die Existenz des sagenhaften Reiches ATLANTIS auftauchte. Nicht anders, glaubte Rhodan, konnte der Bericht über das Kolonistenreich auf dem Erdteil zwischen Europa-Afrika und Amerika verstanden werden. Ein Lächeln lief über Rhodans Gesicht, als er daran dachte, daß die Arkoniden, die der Zufall vor einem Jahr hatte auf dem Mond landen lassen, jetzt offenbar nicht nur für die irdische Technik ein unschätzbarer Gewinn waren, sondern ebensosehr für die Geschichtswissenschaft, insofern, als sie mit ihren eigenen Aufzeichnungen in der Lage waren, eines der am wenigsten beleuchteten Gebiete der Menschheitsgeschichte – das Reich ATLANTIS und die Vorgänge während der Sintflut – so aufzuhellen, daß alles sichtbar wurde. Rhodan nach Heftroman 0008 bzw. Silberband 002
Kann meinen Lapsus nur so erklären, dass ich mich vor allem beim Ersthören noch so überhaupt gar nicht für Atlantis als Mythos interessierte und trotz Atlans Bericht (Nr. 60 und 70) sodann auch keine inneren, halb so bewegten Bezüge herstellte wie Rhodan, durch den für uns all das doch schon vorgedacht worden war. Umso netter, immer noch „Neues“, gerade wenn es schon dermaßen 61 Jahre alt ist, zu entdecken (wie Kolumbus Amerika, nachdem es seit jahrzehntausenden längst bewohnt war).